Autor Bürger Lars Dietrich
Titel Schlecht Englisch kann ich gut. Meine freie deutsche Jugend
Verlag RoRoRo
Erscheinungsjahr 2009
Bewertung *



Das Jubiläum des Mauerfalls treibt die seltsamsten Blüten. Eine davon ist "Schlecht Englisch kann ich gut". Die Autobiografie des Komikers Bürger Lars Dietrich zeigt die DDR, wie sie wirklich wahr: stinklangweilig.
Miley Cyrus hat ihre Autobiografie geschrieben, Lindsay Lohan und Britney Spears. Auch Nadja Abdel Farrag, Daniel Küblböck und Uschi Glas hatten bereits das Bedürfnis, die Öffentlichkeit in Buchform über ihr mehr oder weniger ereignisreiches Leben ins Bild zu setzen. Die Frage "Wen soll das interessieren?" stellt sich also nicht mehr, auch nicht die Frage "Wer soll das kaufen?" oder gar "Haben die angeblich so schwer gebeutelten Buchverlage nichts besseres zu tun?" Bei Bürger Lars Dietrich muss man sie trotzdem noch einmal stellen. Denn der 1973 in Potsdam geborene Komiker liefert mit "Schlecht Englisch kann ich gut. Meine freie deutsche Jugend" ein sagenhaft ereinisarmes Dokument der Belanglosigkeit.
Dem Autor ist dabei der geringste Vorwurf zu machen. Er porträtiert sich selbst glaubhaft als "hyperaktives Spaßkind", das nicht Fußball spielen kann, aber von Ufa-Filmen und dem DDR-Kinderbuchhelden "Alfons Zitterbacke" schwärmt, das erst Klassenclown ist und dann Hip-Hop-Fan. Der Mann, der eigentlich einfach Lars Dietrich heißt, zeigt einen Hang zu Kalauern ("Musik war bei uns Mangelware - obwohl wir in einer Platte wohnten, konnte ich keine kaufen") und ein erstaunlich gutes Gedächtnis. Ergebnis ist leider aber bloß ein in allen Details geschilderter DDR-Kinderalltag. So erfährt der Leser schockierende Details wie dieses: "Wenn ich mit Knast, sprich Hunger, aus der Schule kam, wurde umgehend der Herd angestellt."
So war es eben, das Aufwachsen im Osten der 1970er und 1980er Jahre: im doppelten Sinne behütet. Drogen, Gewalt, Aufbegehren? Fehlanzeige. Selbst die Begeisterung für Rap (Dietrichs Hip-Hop-Initiation beim Besuch des Kinofilms "Beat Street" ist die beste Passage des Buchs) taugt nicht als Rebellion, sondern wird vom Regime sogar noch gefördert.
Als dann die Mauer fällt, endet das Buch. Vielleicht bedeutet das, dass man einen zweiten Teil von Dietrichs Autobiografie befürchten muss. Eines ist sicher: Langweiliger kann es nicht werden.

september 2009


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