Cold War Kids – “New Age Norms, Vol. 1”

Künstler Cold War Kids

Cold War Kids New Age Norms, Vol. 1 Review Kritik
Mit “New Age Norms, Vol. 1” eröffnen die Cold War Kids eine Trilogie.
Album New Age Norms, Vol. 1
Label Cwktwo
Erscheinungsjahr 2019
Bewertung

Sieben Alben innerhalb von 15 Jahren erscheinen nicht wie ein sonderlich üppiger Output. Dass es bei den Cold War Kids dennoch nicht an Produktivität fehlt, zeigt New Age Norms, Vol. 1 nicht nur durch die Tatsache, dass es der erste Teil einer geplanten Album-Trilogie ist. Die Kalifornier rund um Frontmann Nathan Willett machen auch in den acht Songs der neuen Platte sehr deutlich, dass sie keine Lust haben, nach über 450 Millionen Streams und mehr als zwei Millionen verkauften Singles als Alt-Rock-Dinosaurier zu gelten oder sich gar abschreiben zu lassen.

„I don’t want to be young again“, singt Willett mit Schwung, Energie und seinem markanten Falsett in Fine Fine Fine. Vielleicht ist dieses überbetonte „Ich komme klar damit, dass Menschen mit der Eigenbezeichnung ‘Kids’ jetzt eher meine Kinder sein könnten“ auch nur eine Spielart von Midlife Crisis, in jedem Fall aber ist es ein gelungener Song darüber, sich dem Unvermeidbaren zu stellen. Auch die Single Complainer, die den Auftakt für New Age Norms, Vol. 1 macht, könnte kaum viriler sein: Es ist ein Aufruf, aktiv zu sein und anzupacken, unterstützt unter anderem von einem Kinderchor und einer guten Prise Funk.

Die neue Lust auf Rhythmus ist das deutlichste Kennzeichnen der Cold War Kids anno 2019. Ein Song wie Waiting For Your Love könnte von Justin Timberlake sein (auch wenn der wohl nie eine Zeile wie „I want you for your intelligence“ singen und auch keine The-Cure-Orgel einbauen würde). Der spannende Album-Abschluss Tricky Devil hat nur ein paar Trommelschläge als Basis, dann kommt zunächst eine zurückhaltende Gitarre dazu, bis es immer voluminöser wird, ganz am Ende sogar ein bisschen bedrohlich.

Nicht alles auf dem erneut vom langjährigen Wegbegleiter Lars Stalfors produzierten New Age Norms, Vol. 1 funktioniert so gut. Dirt In My Eyes klingt in der Strophe noch verheißungsvoll, wird im Refrain aber plump. Der Vorab-Track 4th of July klingt allein wegen seines Titels sehr bedeutend, doch rund um dieses Datum gibt es nur Floskeln und ein paar Klangexperimente, die als Vorwand dienen, um Leere und Ereignislosigkeit des Songs zu kaschieren. Das passt zwar zum Thema (es geht wohl um Kritik an Dekdadenz und Ignoranz der Superreichen), aber macht trotzdem keinen Spaß. Beyond The Pale klagt nur mit Klavier und Gesang über das Leben (und die stetig präsente Versuchung) auf Tour, das Ergebnis wird etwas selbstverliebt und sehr pathetisch.

Die gegenteilige Position hat Calm Your Nerves: Nathan Willett bietet darin Beistand an und will sich sogar aufopfern für sein Gegenüber, muss aber erkennen, wie schwer es ist, damit erstens überhaupt durchzudringen und zweitens auch noch auf Vertrauen zu stoßen. Solche erwachsenen Momente machen New Age Norms, Vol. 1 für langjährige Fans der Cold War Kids besonders interessant. Für Nachgeborene könnte es in diesem noch immer sehr traditionellen Klanguniversum schwierig werden, hier den nötigen Nervenkitzel zu finden. Das liegt auch daran, dass das Konzept für die nun begonnene Trilogie unklar bleibt – nicht nur, wie es aussehen soll, sondern auch, ob es überhaupt eins gibt.

Jade Catta-Preta spielt die Hauptrolle im Video zu 4th of July.

Website der Cold War Kids.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

Alle Beiträge ansehen von Michael Kraft →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.