Draufgeschaut: Der Mann, der Yngve liebte

Film Der Mann, der Yngve liebte

Szenenfoto aus dem Film "Der Mann, der Yngve liebte"
Jalle (Rolf Kristian Larsen) und Helge (Arthur Berning, rechts) gründen eine Band gegen die Langeweile.
Produktionsland Norwegen
Jahr 2008
Spielzeit 97 Minuten
Regie Stian Kristiansen
Hauptdarsteller Rolf Kristian Larsen, Arthur Berning, Ida Elise Broch, Ole Christoffer Ertvág
Bewertung

Worum geht’s?

Jalle ist 17, und er glaubt, dass es für 17-Jährige keinen schlimmeren Ort auf Erden geben kann als seine norwegische Heimatstadt Stavanger im Jahr 1989. Einen Ausweg aus der Tristesse entdeckt er aber, als er Helge kennen lernt und anfängt, mit ihm zu musizieren. Ihre Mathias Rust Band ist laut, radikal und bald einigermaßen beliebt. Als Sänger schafft es Jalle sogar, die bisher unerreichbar erscheinende Katrine für sich zu begeistern. Die beiden genießen ihre Zweisamkeit ebenso wie Jalle und Helge die Möglichkeit genießen, in ihrer Musik all ihren Frust rauszulassen. Dann freundet sich Yalle allerdings mit einem Jungen an, der neu an seine Schule kommt. Yngve hat absolut nichts mit Rebellion am Hut – und übt auf Jalle trotzdem eine ungewöhnliche Anziehungskraft aus. Als Jalle klar wird, dass er in Yngve verliebt ist, strapaziert das nicht nur seine Beziehung zu Katrine, sondern auch die Stimmung innerhalb seiner Band.

Das sagt shitesite:

Punk gegen Pop, Kiffen gegen Tennis, Hetero gegen Homo: Es ist die größte Stärke von Der Mann, der Yngve liebte, dass der Film diese Kämpfe mit einer erstaunlichen Leichtigkeit betrachtet, ohne dabei ein Jota von der emotionalen Sprengkraft dieser Konflikte zu unterschlagen. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Tore Renberg, der hier auch das Drehbuch geschrieben hat, ist wunderbar einfühlsam und witzig. Vor allem aber: ein großartig authentisches Porträt von Jugendkultur in den späten Achtzigern.

Sogar die Idee, die Coming-Of-Age-Story mit ein bisschen Weltgeschichte zu verquicken, die bei einem weniger stilsicheren Umgang lächt gestelzt hätte wirken können, funktioniert in Der Mann, der Yngve liebte blendend. Für unumstößlich gehaltene Wahrheiten bröckeln hier auch weit jenseits von Jalles Gefühlswelt, wie die Bezüge zum Fall des Eisernen Vorhangs zeigen, die ab und zu eingeflochten werden.

Das gelingt auch, weil quasi alle Figuren in diesem Film ungeheuer sympathisch sind – egal ob Jalle mit seiner Suche nach Lebensfreude, Helge mit seiner ideologischen Strenge, die Eltern, die Lehrer oder die Fans der Band. Auch Yngve – der mit seiner Vorliebe für Synthiepop, Pastellfarben und Tennisstunden eine perfekte Angriffsfläche für Hohn und Spott liefern könnte – wird von den Machern ernst, behutsam und verständnisvoll behandelt. Diese Erzählweise passt bestens zur Aussage von Der Mann, der Yngve liebte: Seine eigene Identität zu offenbaren, braucht immer eine große Portion Mut. Aber es könnte eine etwas weniger große Portion brauchen, wenn Ideen wie Respekt und Toleranz ein bisschen weiter verbreitet wären.

Bestes Zitat:

„Ich hab keine Freunde und noch nie gevögelt. Und ich hab echt Probleme zu kapieren, was ich hier eigentlich soll. Ich heiße Jalle Klepp. Und hätte gerne ein Leben.“

Eine Szene aus dem Film.

https://www.youtube.com/watch?v=awtnU75kIFQ

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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