Futter für die Ohren mit A Place To Bury Strangers, Young Man, Bear In Heaven und Magnetic North

Bear in Heaven suchen das Böse in uns - und verschenken Musik. Foto: Off The Record PR
Bear in Heaven suchen das Böse in uns – und verschenken Musik. Foto: Off The Record PR

“Colin Caulfield schafft es, so entspannt und harmonisch wie Simon & Garfunkel zu klingen, und gleichzeitig filigrane Arrangements und Indie-Extraverganza aus dem Ärmel zu schütteln”, urteilte Rote Raupe kürzlich über die Musik von Young Man. Das zweite Album der Band mit dem sinnigen Titel Vol. 1 ist gerade erschienen, heute (Berlin), morgen (Köln) und übermorgen (Frankfurt) sind Young Man für drei Shows in Deutschland zu sehen. Die netten Leute von Stereogum bieten Do gerade zum kostenlosen Download an. Das ist verträumt und mit einem Schlagzeug wie in Watte gepackt. Zur programmatischen Zeile „take the time to do just what you want to do“ erlischt der Track dann beinahe und nimmt am Ende noch einmal Fahrt auf. Schön für die Dämmerung. ***

Ähnlich viel Studiotüftelei wie bei Young Man steckt auch im neuen Album von Bear In Heaven aus Brooklyn. Für das im März erschienene I Love You, It’s Cool haben sie die Songs immer wieder verworfen und umgeschrieben. Jetzt gehen sie noch ein Stück weiter: Die Single Sinful Nature gibt es als Remix von When The Saints Go Marching kostenlos bei spex.de. Die Überarbeitung nimmt die Dringlichkeit völlig raus, rückt den Gesang nach hinten und stellt dafür das Geheimnis nach vorne. Das Böse in uns erscheint damit ein bisschen weniger fleischlich, aber umso schwerer zu ergründen und wirkt wie nicht von dieser Welt. **1/2 Bear In Heaven sind übrigens demnächst live in Deutschland zu erleben: 5. Juni München (Kong), 11. Juni Köln (Studio 672), 12. Juni Berlin (Festsaal Kreuzberg) und 18. Juni Hamburg (Übel & Gefährlich).

Gerade in den Startlöchern steht auch das dritte Album von A Place To Bury Strangers. Am 15. Juni soll Worship in die Plattenläden kommen. Das wird „explosiv, dunkel und geht direkt unter die Haut“, verspricht das Label. Die Band hatte diesmal alles selbst in der Hand. “Das Album wurde von uns geschrieben, aufgenommen, gemixt und gemastert. Es ist unsere Vorstellung davon, wie unsere Musik klingen soll im Jahr 2012, keine Interpretation eines anderen”, sagt Dion Lunadon. Wer vorab einen ersten Eindruck bekommen will, wird bei Soundcloud fündig: Dort kann man gerade kostenlos den Song You Are The One herunterladen. Das klingt ein bisschen wie Black Rebel Motorcycle Club mit ein bisschen mehr Goth und deutlich mehr Industrial-Disco. Und natürlich werden die Fremden nach wie vor am liebsten in einer Gruft aus sehr lauten, sehr kaputten Verstärkern begraben. ***

Bis ins Jahr 1770 reicht die Geschichte von Magnetic North zurück. Damals beging Betty Corrigall Selbstmord, eine junge Frau, die auf der Insel Orkney lebte, von einem Seemann auf Durchreise geschwängert und dann von den Leuten in ihrem Dorf verstoßen wurde. Erland Cooper, der Mann hinter Erland & The Carnival, ist ebenfalls auf Orkney aufgewachsen und behauptet, gelegentlich Besuche vom Geist dieser Frau zu bekommen. Deshalb beschloss er, ihr und ihrer Heimat ein Denkmal zu setzen. So entstanden das Projekt The Magnetic North (zu dem außerdem Simon Tong und Hannah Peel gehören) und das gerade erschienene Album Orkney: Symphony Of The Magnetic North. Aufgenommen wurde in einer Kirche in Coopers Heimatort, die Songtitel nennen immer wieder Orte auf der Insel. So auch die Bay Of Skaill. Den gleichnamigen Track verschenken The Magnetic North auf ihrer Facebook-Seite, wenn man im Gegenzug ein “Gefällt mir” hinterlässt. Tatsächlich klingt das Lied mit Streichern, Chor und Bläsern nach verlorenen Seelen, der Suche nach Heimat und einer guten Dosis Wut und Verletztheit ganz tief im Bauch. ***1/2

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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