Ash – “Kablammo!”

Künstler*in Ash

Cover des Albums "Kablammo!" von Ash
“Kablammo!” klingt so wie der Titel: frisch und euphorisch.
Album Kablammo!
Label earMUSIC
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Eigentlich hatten sich Ash ganz offiziell vom Album-Format verabschiedet. Nun gibt es erstmals seit acht Jahren doch wieder einen Longplayer von Tim Wheeler, Rick McMurray und Mark Hamilton. Das Werk heißt Kablammo! – und so klingt es auch: Hier regieren Euphorie, Spielfreude, Sturm und Drang. Als „dynamisch, kraftvoll, energisch, frisch, jung, feurig, präsent sowie begnadet genial“ hat Classic Rock die zwölf neuen Songs umschrieben. Auch das passt bestens.

Als kreativer Schub für das Album hat sich dabei ausgerechnet die A-Z Singles Series erwiesen, für die Ash zwischen April 2009 und September 2010 gleich 26 Singles veröffentlichten (eine für jeden Buchstaben im Alphabet) und anschließend eine umfangreiche Tour spielten – in Orten von Aldershot bis Zennor.

„Wir haben einfach die elektrischen Zwischentöne der A-Z-Series reduziert und stattdessen ein gradliniges, loderndes Gitarrenalbum aufgenommen“, umreißt die Band aus Nordirland den Ansatz für Kablammo! Wie gut das funktioniert, beweist schon die Single Cocoon, zugleich der Auftakt des Albums. Ein großartiges Riff zeigt die Vorliebe von Ash für harte Klänge, der beinahe niedliche Gesang zeigt ihr sagenhaftes Gespür für Pop. „Kräftiger Gitarrensound, gemischt mit einem Schuss Adrenalin und süßen Melodien“, so fasst Schlagzeuger Rick McMurray das Ergebnis treffend zusammen.

Auch in Hedonism bildet die herrlich rotzige Gitarre einen schicken Kontrast zum beinahe unschuldigen Gesang. Machinery ist eines dieser Lieder, die man schon beim ersten Hören mitsingen kann, will und muss. Das himmlische Moondust zeigt, dass Ash (die in Summe längst das Alter von 100 Jahren überschritten haben) im Herzen wohl immer Teenager bleiben werden.

Shutdown ist wunderbar beschwingt, auch Let’s Ride klingt in keinem Moment wie das Lied einer Band, die seit knapp 25 Jahren im Geschäft und längst satt ist, sondern wie das Lied einer Band, die quietschfidel ist und die Welt erobern will. Free wird wieder so ein Song, in dem ganz viel Romantik steckt (die Streicher), aber genug Rock (das verlorene Gitarrensolo) und Spannung (Bass und Schlagzeug), um nicht kitschig zu werden. Das zuckersüße For Eternity könnte wunderbar die Herzschmerz-Szenen in Hollywood-Teenie-Komödien untermalen, und das ist als Kompliment gemeint.

Natürlich hatten Ash nie einen kreativen Durchhänger, aber Kablammo! führt auch eingefleischten Fans wie mir noch einmal vor Augen, wie großartig dieses Trio ist. Ash sind von allen Bands der Welt vielleicht die Band, in der ich am liebsten spielen würde – weil sie im richtigen Maße Pop-affin (die grandiosen Melodien), Rock’N’Roll-verbunden und ambitioniert sind. Und weil sie sich inmitten dieser Koordinaten auch ein bisschen Wahnsinn erlauben, mit dem Hidden Track auf dem Debütalbum, dem DJ-Einsatz auf Nu-Clear Sounds oder ihren seit mehr als 20 Jahren gepflegten Alien-Vorlieben.

Auch Kablammo! bietet nicht nur Powerpop nach Schema F, sondern zwischen viel Power und viel Pop auch ein paar Überraschungen. In Dispatch zeigt Sänger Tim Wheeler eine Facette seiner Stimme, die man noch nie so gehört hat, dazu gibt es ein Disco-Fundament und ein lupenreines Heavy-Metal-Gitarrensolo. Was der Mädchenchor im martialischen Go! Fight! Win! abliefert, ist kein Background-Gesang, sondern Kriegsgeschrei.

Der sehr schöne Album-Schlusspunkt Bring Back The Summer klingt wie ein Demo, und zwar von einer ganz anderen Band: ganz soft und mit einem altertümlichen Drumcomputer. Und Evil Knievel enthält (aus dem Mund des hier gepriesenen Stuntmans) eine der coolsten Aussagen, die man in diesem Jahr auf einer Platte hören wird: „If it is possible, it is done. If it is impossible, it will be done.” Danach wird daraus ein genauso cooles Tarantino-Rock-Instrumental.

Es braucht kein bisschen Nostalgie oder Wiedersehensfreude, um dieses Album sofort und für lange Zeit ins Herz zu schließen. Kablammo! ist einfach ein sehr großer Spaß für alle, die eingängige, mitreißende Gitarrenmusik lieben. Besser als die Band selbst kann man es nicht beschreiben: „Man kann auf jedem Song hören, was uns als Band ausmacht; den intuitiven Sound, der uns seit 1992 antreibt. Leidenschaft, Melodie und Ash.“

Ash sitzen hinter Gittern. Jedenfalls im Video zu Free.

Homepage von Ash.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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