Katzenjammer – “Rockland”

Künstler Katzenjammer

Vielseitig und eingängig: Das ist auch bei Album #3 das Erfolgsrezept von Katzenjammer.
Vielseitig und eingängig: Das ist auch bei Album #3 das Erfolgsrezept von Katzenjammer.
Album Rockland
Label Universal
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Höchst erstaunlich ist das. Katzenjammer sind eine Band, die sich ihr Publikum in erster Linie mit Konzerten erspielt hat und dort mit Schwung, Charme und Vielseitigkeit überzeugt hat. Liest man die Amazon-Kundenrezensionen zu ihren beiden bisherigen Alben, ist immer wieder von diesen Live-Erweckungserlebnissen der Fans die Rede, von enormer Spielfreude, unmittelbarer Begeisterung und ansteckender Leidenschaft. Kurz: von Authentizität. Dabei waren die vier Norwegerinnen bisher fast nur Vehikel für die Lieder anderer Leute. Für Le Pop (2008) und A Kiss Before You Go (2011) ließen sie sich weitgehend von professionellen Songschreibern beliefern und brachten deren Material dann auf Platte und auf die Bühnen von Oslo bis Tennessee.

Das ist nun anders. Für ihr gestern erschienenes drittes Album haben Anne Marit Bergheim, Turid Jørgensen, Marianne Sveen und Solveig Heilo fast alles selbst geschrieben. „Ich denke, das Album ist uns näher als wir es normalerweise mit Katzenjammer haben wollen, da die Band die direkte Quelle war“, wundert sich Solveig Heilo selbst ein wenig über das Ergebnis. Neu ist auch die Zusammenarbeit mit dem australischen Produzenten Victor Van Vugt (Nick Cave, The Walkabouts, Gogol Bordello). Gleich geblieben sind die Qualitäten von Katzenjammer: Rockland ist abwechslungsreich und eingängig.

Der Albumtitel (nach dem auch der akustische Rausschmeißer der Platte benannt ist), geht auf Allen Ginsberg zurück. In seinem legendären Gedicht Howl war „Rockland“ der Name für die psychiatrische Klinik, in der er sich kurz aufhielt. Die Norwegerinnen können sich darin zumindest in gewisser Weise wiedererkennen, erklärt Solveig Heilo: „Katzenjammer ist unsere eigene Welt. Wir folgen keinen Regeln oder versuchen irgendwie kommerziell zu sein, wenn wir Musik schreiben. Wir haben uns immer von unseren Gefühlen und unserem Herz leiten lassen. Es ist nicht mit einem Gefängnis gleichzusetzen, aber wir sind zusammen in dieser Seifenblase, in der die Regeln anders sind im Vergleich zu dem Rest der Welt. Dafür ist Rockland das Symbol.“

Los geht es mit beinahe lupenreinem Country. Ein Banjo ist das erste Instrument, das auf Rockland zu hören ist, und schnell klingen Katzenjammer dann in Old De Spain wie eine verschworene Gemeinschaft, mit der man sich besser nicht anlegt. Auch Curvasious Needs bleibt dem Genre nahe, wenn auch noch etwas temperamentvoller. „Wir wollten zurück zu den Wurzeln gehen, enthüllt und ohne all diese symphonischen Extras“, umreißt Anne Marit Bergheim die Idee für die Ästhetik des dritten Albums. Das hört man auch dem putzigen Lady Grey an (so unschuldig hätte Sheryl Crow vielleicht auf ihrem Debütalbum geklungen, wenn sie da nicht schon 31 gewesen wäre) oder My Dear, das mit seinen keltischen Einflüssen auch allen Fans von Amy Macdonald gefallen wird.

Spannend wird Rockland aber vor allem, weil Katzenjammer auch Expeditionen in andere Genres wagen. Das herrlich unbeschwerte My Own Tune klingt wie Lily Allen auf einer Landpartie (und bietet am Ende noch einen Scatgesang auf Norwegisch). Shine Like Neon Rays ist heiterer, leicht verspielter Pop, bei dem Energie und Überzeugung wichtiger sind als die neusten Produktionstechniken – gerne darf man da ans letzte Album von Lena denken.

Auffällig: Immer, wenn die interessante, aber nicht allzu markante Stimme von Anne Marit Bergheim langweilig zu werden droht, eilen ihr die Stimmen der anderen Bandmitglieder geschickt zu Hilfe. Das verschafft beispielsweise Bad Girl eine clevere Dynamik. Am interessantesten wird Oh My God: In der Strophe trifft eine originelle Bass-Figur auf ein noch spannenderes Schlagzeug, der Refrain ist glamouröser Pop im Sinne von The Asteroid’s Galaxy Tour.

Manche Experimente auf Rockland gehen freilich auch schief. Der Soul-Schmachtfetzen Driving After You wirkt wie ein Fremdkörper. Flash In The Dark ist in der Strophe auf subtile Weise tanzbar, bewegt sich im Refrain aber deutlich zu weit auf plumpes Hermes-House-Band-„Und jetzt alle“-Terrain. Insgesamt ist das Album trotzdem gelungen: Eine Platte, die Spaß macht, ohne sich anzubiedern oder zu brav zu werden.

Der Albumplayer zu Rockland.

Im März gibt es Katzenjammer auf deutschen Bühnen.

04.03.15   Köln – Palladium
05.03.15   Dresden – Alter Schlachthof
06.03.15   Berlin – Columbiahalle
07.03.15   Bielefeld – Ringlokschuppen
09.03.15   Hamburg – Grosse Freiheit
10.03.15   Mannheim – Maimarktclub
20.03.15   München – Tonhalle
21.03.15   Wiesbaden – Schlachthof

Homepage von Katzenjammer.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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