Leonard Cohen – “Greatest Hits”

Künstler*in Leonard Cohen

Leonard Cohen ist auf der Suche – und fast durchweg brillant.
Album Greatest Hits
Label Columbia
Erscheinungsjahr 1975
Bewertung

Wie so viele, die schon bei ihrer Geburt finanziell ausgesorgt haben, sucht auch Leonard Cohen nach einem höheren Sinn. Seine Eltern waren russischer Abstammung und kamen als Kaufleute in Kanada zu Wohlstand. Der Sohn muss nun nichts mehr arbeiten, er kann schaffen.

Als Schriftsteller brachte es Leonard Cohen zunächst immerhin zu genug Ruhm, um einen Literaturpreis ablehnen zu können. Irgendwann beschloss er dann, den höheren Sinn nun in der Musik zu suchen, reiste in die Karibik und schrieb dort seine morbid-fatalistischen Songs, die seitdem Generationen von Künstlern geprägt haben und den Mann mit dieser einsamsten, verlorensten, romantischsten aller Stimmen zu einem veritablen Frauenschwarm gemacht haben.

Musikalisch hat Cohen fast stets das selbe zu bieten. Akustikgitarre, monotone Melodien, jede Menge Strophen. Gelegentlich gesellt sich eine weiblich Stimme dazu, oder ein Spielmannszug wie in Sisters Of Mercy. “Yes you, who must leave everything that you cannot control / it begins with your family but soon it comes round to your soul.” Lyrik, nichts weniger. Sogar die Liner-Notes zu dieser Scheibe sind voller Sätze für die Ewigkeit, voller Humor und Tragödien. Leonard Cohen ist ein solch großer Dichter, er schafft es sogar, Frauennamen in Songtitel zu packen, ohne dass es peinlich wird, ob Suzanne oder So Long, Marianne. Nicht mal Bob Dylan kriegt das hin.

Die Texte bleiben durchweg brillant und die Musik verbessert sich dabei sogar noch. Sie umrahmt die Worte zunächst, ergänzt sie dann und entwickelt schließlich einen eigenen Wert, hebt die Verbindung von Text und Ton auf eine neue Ebene. Etwa in Famous Blue Raincoat, wie jeder ordentliche Brief natürlich mehr an den Absender als an den Adressaten gerichtet. “And what can I tell you my brother, my killer / what can I possibly say / I guess that I miss you, I guess I forgive you / I´m glad you stood in my way.”

Bei den jüngsten Stücken wie dem famosen Last Year´s Man, Chelsea Hotel No. 2 und vor allem Take This Longing scheint Cohen die Musik beim Schreiben dann fast schon mitzudenken. “I love to see you naked over there / especially from the back / oh take this longing from my tongue.”

Nimmt man seine Songs als Maßstab, muss Leonard Cohen ein sehr verzweifelter Mensch sein. Um solche Musik zu machen, muss man eigentlich mindestens depressiv sein. Inzwischen verbringt Cohen große Teile des Jahres in einem Kloster und findet dort wohl tatsächlich Trost in der Enthaltsamkeit. Er ist nicht unglücklich, er ist nur auf der Suche.

Ganz famos: Leonard Cohen wird in die Rock’N’Roll Hall Of Fame aufgenommen, und Lou Reed hält die Laudatio:

httpv://www.youtube.com/watch?v=o7IuCKfA0PM

Leonard Cohen bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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