Mammút – “Ride The Fire”

Künstler Mammút

Ride The Fire Mammút Review Kritik
Mammút haben für “Ride The Fire” ihre Arbeitsweise verändert.
Album Ride The Fire
Label Karkari
Erscheinungsjahr 2020
Bewertung

Veränderungen waren bei Mammút schon immer willkommen. Die Band wurde 2003 in Island als rein weibliches Trio namens ROK gegründet. Im Jahr darauf erweiterte man die Besetzung um einen Gitarristen und einen Schlagzeuger. 2017 gab es mit Kinder Versions erstmals ein Album mit englischen Texten vom Quintett aus Reykjavík, das Werk wurde für sechs Icelandic Music Awards nominiert und hat drei davon gewonnen.

Für ihr fünftes Album Ride The Fire, das morgen erscheinen wird, haben Mammút nun erneut Neuland betreten. Denn die zehn Lieder sind nicht mehr komplett in der Heimat entstanden, sondern mit Produzent Árni Hjörvar (The Vaccines) teilweise in London aufgenommen worden. Noch wichtiger ist, dass die fünf Bandmitglieder nicht mehr alles zusammen ausgearbeitet haben, sondern teilweise jeder für sich, um die Versatzstücke dann gemeinsam in Mammút-Songs zu überführen.

„Wir spürten dabei viel gegenseitigen Respekt und Vertrauen in diese Reise“, sagt Dýradóttir. „Es gab keine Ideen, die unerwünscht gewesen wären. Es war wie Forschung. Wir haben uns dabei viel mehr als Kollektiv kennengelernt“, sagt Bassistin Vilborg Ása Dýradóttir. Die These, dass Ride The Fire dadurch noch etwas vielseitiger und vielschichtiger geworden ist, findet man auf diesem Album schnell bestätigt: In einem Song wie Solomon wäre die Stimme von Katrína „Kata“ Mogensen schon ohne die Instrumente packend genug, unter anderem eine satte Fuzz-Gitarre sorgt für einen reizvollen Kontrast zu dieser tückischen Niedlichkeit. Prince ist elegant, erwachsen und hat eine Melodie, die sich im Refrain toll aufschwingt.

Sun And Me eröffnet die Platte mit einem angedeutet aggressiven Sound, auch der Gesang ist spannend, der Refrain kennt dann aber doch Luft, Licht und Größe. Das Klavier in Birds scheint aus dem Tritt gekommen zu sein, auch der Rest der Instrumente bleibt sehr zurückhaltend, bis es nach knapp zwei Minuten eine Eruption gibt. Fire bleibt weitgehend akustisch zu Beginn und erweist sich auch danach als reduziert und mysteriös. Die Songtitel zeigen schon, dass Natur ein wichtiges Thema auf Ride The Fire ist, zusätzlich kann man auch immer wieder Bezüge zu Religion und Astrologie finden. „Sie sind eine Möglichkeit für Erwachsene, mit Bildern zu spielen und welche zu erschaffen“, sagt Dýradóttir. „Wir haben über Hexerei und Zaubersprüche nachgedacht und unsere eigenen Geschichten dazu geschrieben.”

Die Bezüge, die man zu diesem Ansatz finden kann, haben eine beträchtliche Bandbreite. Pow Pow könnte man sich von Garbage oder wagemutigen Cranberries vorstellen. Frontline lebt von der Fokussierung auf Gesang, Gitarre und Schlagzeug, sodass man an Blood Red Shoes denken kann, wenn die den Fuß vom Gas nehmen und dafür die Nebelmaschine auf volle Kraft stellen würden. Still Like A Mountain integriert einige TripHop-Charakteristika, Forever On Your Mind ist zunächst etwas ruppiger, offenbart dann aber eine erstaunliche Verspieltheit, bis sich schließlich ein seltsam verwunschenes Finale entfaltet.

Als sehr typischen Moment für die Weiterentwicklung von Mammút kann man den Album-Abschluss Sound Of Centuries betrachten: Wieder baut die Strophe geschickt Spannung auf und ist recht düster, der Refrain bietet dann eine erstaunlich helle Katharsis. Hier wird dieses wiederholt auftauchende Rezept noch ein bisschen besser umgesetzt als sonst auf diesem Album.

Die Zaubersprüche in Prince kommen offensichtlich aus dem Fernseher.

Website von Mammút.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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