Potentes Potpourri

Alleskönner mit Allrad: die R-Klasse. Foto: Mercedes
Alleskönner mit Allrad: die R-Klasse. Foto: Mercedes

Ein Kombi? Zu wenig Stauraum. Eine Limousine? Ein ganzes Stück zu hoch. Ein Van? Eindeutig zu sportlich. Ein SUV? Zu komfortabel und gediegen. So recht will die R-Klasse von Mercedes in keine der bekannten Schubladen passen. Ist das Fahrzeug, das die Stuttgarter selbst einen “Grand Sports Tourer” nennen, also tatsächlich das versprochene “völlig neue Auto-Erlebnis”?

Nicht ganz. Zum einen ist die R-Klasse längst nicht mehr neu, sondern in den USA bereits seit einigen Wochen auf der Straße. Die ersten Modelle, die man ab Anfang Oktober an die Händler geliefert hat, sind bereits komplett verkauft. Zum anderen erfindet natürlich auch die europäisierte Version des Autos, die Mercedes nun vorgestellt hat, das (All-)Rad nicht neu.

Im Vergleich zur US-Variante ist die europäische R-Klasse straffer abgestimmt. Die härtere Federung passt sich hiesigen Straßenverhältnissen an, die Lenkung reagiert deutlich direkter und gibt dem Fahrer mehr Rückmeldung. Außerdem erhalten Kunden in der Alten Welt die R-Klasse auf Wunsch auch mit einem kürzeren Radstand (2,98 Meter statt 3,21 Meter bei der langen Version). Dann kostet der Wagen, den es in Deutschland ab Februar 2006 zu kaufen geben wird, mit der Einstiegsmotorisierung 51.504 Euro. Dafür sind sechs Airbags, ESP, ABS, Klimaanlage, Traktionskontrolle und permanenter Allradantrieb an Bord. Serienmäßig gibt es auch die Siebengang-Automatik sowie für den V6-Common-Rail-Diesel mit drei Litern Hubraum und 224 PS den Rußpartikelfilter.

Im Test erweist sich die R-Klasse als Alleskönner. Allradantrieb und Traktionskontrolle machen sie sicher bei schwierigen Fahrbahnverhältnissen. In der 5,16 Meter messenden Lang-Version finden tatsächlich sechs Passagiere Platz – und im Gegensatz zu manchem Modell der Konkurrenz kann man dabei auch in der letzten Reihe noch aufrecht sitzen. Wer den Platz für Pakete statt Passagiere nutzen will, kann mit einem Handgriff die beiden hinteren Sitzreihen umklappen: Eine ebene Ladefläche und 2385 Liter Stauraum entstehen.

Mit dem stärksten der drei verfügbaren Motoren (als R 500 mit 306 PS) werden auch sportliche Fahrer auf ihre Kosten kommen: In sieben Sekunden sind aus dem Stand 100 km/h erreicht. Auch der V6-Diesel kann dank des beeindruckenden Drehmoments von 510 Newtonmetern überzeugen, das schon ab 1600 Touren zur Verfügung steht. Und in punkto Komfort lässt die R-Klasse ohnehin kaum Wünsche offen: Knie- und Kopffreiheit erinnern an Luxus- Limousinen, auch die Sitze sind vorbildlich.

Der Haken an der Sache: Die R-Klasse kann alles, aber sie kann nicht alles gleichzeitig. Sie ist vier Autos in einem, aber eben ohne die Vorzüge eines Spezialisten. Nutzt man alle Sitze, muss man darauf hoffen, dass keiner der sechs Insassen viel Gepäck mitbringt. Deutlich über zwei Tonnen Gewicht und die hoch bauende Karosserie steigern den Durst des Wagens (selbst bei besonnenster Fahrweise lässt sich der Diesel im Test kaum unter die 11-Liter-Marke bringen, obwohl Mercedes den Verbrauch mit 9,3 Litern auf hundert Kilometern angibt). Und in engen Autobahnbaustellen oder im Stadtverkehr sind die großzügigen Dimensionen eher ein Nachteil. Da hilft dann nur die elektronische Einparkhilfe, die mit 777 Euro in der umfangreichen Aufpreisliste steht.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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