Rudolf Diesel, Casanova

Italienische Eleganz: Der Spider ist atemberaubend schön. Foto: Alfa Romeo
Italienische Eleganz: Der Spider ist atemberaubend schön. Foto: Alfa Romeo

Alfa Spider ist Unvernunft. Niemand hat das so deutlich gemacht wie Benjamin Braddock, der in der oscarprämierten Reifeprüfung in diesem Wagen zur Hochzeit seiner Liebsten raste. Von allen guten Geistern verlassen, alle Ratschläge in den Wind schlagend, der ihm um die Ohren wehte. Den Blick immer auf das Objekt seiner Begierde gerichtet, den Fuß stur auf dem Gaspedal, bis der Sprit alle war und er die letzten Meter zur Kapelle rennen musste, um die Braut vom Traualtar hinweg in eine bessere Zukunft zu entführen.

So viel Leidenschaft, so viel Temperament! Ein Diesel-Motor will dazu scheinbar gar nicht passen. Glaubt man Fiat-Deutschland-Chef Werner Frey, war es auch denkbar schwierig, die Macher von Alfa Romeo vom deutschesten aller Antriebe zu überzeugen. Wie wenig Deutsch und Alfa zueinander passen, macht auch der Warnhinweis auf der Sonnenblende im Spider auf etwas peinliche Weise klar: “Nicht lehmen Handen an der Ablage wahrend der Bewegung des Capote”, steht dort geschrieben. Doch trotz solcher Sprach- und Mentalitätsbarrieren setzte Frey sich durch – und so gibt es den Alfa Spider 40 Jahre nach der Reifeprüfung nun erstmals mit einem Selbstzünder.

Natürlich bietet der Spider auch als Turbodiesel all die Vorzüge, die den legendären Roadster in der sechsten Generation auszeichnen. Da ist an allererster Stelle das Design: Ein aufregenderes Auto kann man sich kaum vorstellen. Der Alfa strotzt vor Attraktivität, ist dabei aber kein glatter Beau, sondern ein gerissener Verführer vom Schlage Giacomo Casanovas. Die Materialien sind exquisit, die Verarbeitung bestens. Dazu kommt eine beachtliche Ausstattung und eine gegenüber dem Vorgänger enorm verbesserte Karosseriesteifigkeit.

Die beiden letzten Punkte gehen allerdings auf Kosten des Gewichts. Stattliche 1750 Kilogramm bringt der Spider auf die Waage. Und damit haben die 200 PS zumindest bei niedrigen Drehzahlen etwas zu kämpfen. Doch ab 2000 Touren liegt das volle Drehmoment von 400 Newtonmetern an der Vorderachse – und dann geht die Party los. Werden die Gänge ausgefahren, klingt der Wagen wie ein ziemlich bedrohlicher Grizzly-Bär. Und er hat auch dessen Kraft: Bei Vollgas stürmt er wild nach vorn.

Zum Fahr-Genuss tragen auch das sehr sportliche Fahrwerk und die famose Schaltung bei. Vor allem bei hohem Tempo liegt der Spider zudem enorm souverän auf der Straße. Und schließlich erweist sich der Diesel vor allem auf Autobahnfahrten beim Verbrauch als echter Gewinn. Und so viel Vernunft darf dann sogar in diesem Wagen sein.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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