Toy – “Happy In The Hollow”

Künstler Toy

Happy In The Hollow Toy Review Kritik
Auf ihrem vierten Album haben Toy ganz bewusst selbst produziert.
Album Happy In The Hollow
Label Tough Love Records
Erscheinungsjahr 2019
Bewertung

Die Mittel sind nicht allzu ungewöhnlich, die Ergebnisse allerdings durchaus. Das gilt auch auf dem vierten Album von Toy. Tom Dougall (Gesang und Gitarre), Dominic O’Dair (Gitarre), Maxim Barron (Bass und Gesang), Max Oscarnold (Synthesizer) und Charlie Salvidge (Schlagzeug und Gesang) haben mit Happy In The Hollow eine Platte vorgelegt, mit der sie ihr eigenes Prinzip verfeinern und ihre Fühler zugleich in neue Richtungen ausstrecken.

Am Beginn steht mit Sequence One ein Track mit kraftvollem Bass, ätherischem Gesang, straightem Beat und mysteriösem Text. Die Menschen, die 1990 in Baggy-Klamotten zu James getanzt haben, wären verrückt danach gewesen. Abgeschlossen wird Happy In The Hollow von Move Through The Dark. Das Stück klingt, als hätten Joy Division versucht, ein Lied zu machen, um ihre Schwiegermütter zu becircen.

Dazwischen gibt es Songs wie Mechanism, das ein paar New-Wave-Referenzen zu einem wundervollen Refrain hinführt, das instrumentale Charlie’s House, in dem eine akustische Gitarre ganz ohne Text eine Geschichte zu erzählen scheint, oder Mistake A Stranger, in dem irgendwo ganz tief drin die Lust steckt, mal richtig loszurocken – auch wenn es an der Oberfläche dann doch gelassen, verträumt und auf träge Weise bedröhnt bleibt. Energy hat Tempo, Drive und, nunja, Energie. Auch das coole Schlagzeug-Break macht den Song zu einem Highlight des Albums, danach ist er dem Wahnsinn nahe. Bei Last Warmth Of The Day verhindert der Bass in der Strophe noch, dass es gemütlich klingt, bevor uns der Refrain dann doch mit auf seine ganze eigene Wolke entführt. The Willo erweist sich als Lounge-Country, dem sich später eine Doors-Orgel hinzugesellt. Strangulation Day klingt, als hätten OMD versucht, mit ihren musikalischen Mitteln eine Nick-Cave-Ballade zu machen.

Nach Toy (2012), Join The Dots (2013) und Clear Shot (2016) haben sich Toy diesmal entschlossen, im eigenen Studio aufzunehmen und selbst zu produzieren. Auch das trägt zur Konzentration auf die Stärken der Band bei. „Jedes Lied war wie eine leere Leinwand. Produzenten entwickeln im Laufe der Zeit natürlich bestimmte Muster, die sie dann auf alle Künstler übertragen, mit denen sie arbeiten, bis hin zu bestimmten Schlagzeugsounds. Wir haben wirklich bei Null angefangen, und deshalb hat sich der Prozess als extrem kreativ angefühlt”, sagt Bassist Maxim Barron.

Ein Lied wie You’d Make Me Forget Myself zeigt das deutlich. Der Sound ist verwaschen und träge im Stile von Foxygen oder MGMT, der Gesang will sich einschmeicheln, der Rest der Musik scheint sich nur für sich selbst zu interessieren. Das elektronisch geprägte Jolt Awake ist deutlich weniger als der Rest der Platte auf Wohlklang aus, vielmehr geht es darin um Provokation, vor allem aber um Irritation.

Selbst in solchen Momenten wirken die neuen Lieder von Toy indes nicht wie Fingerübungen, sondern zeigen einen emotionalen Kern sowohl in ihrem Inhalt als auch in der Entstehungsweise. Für Happy In The Hollow erweist sich das als großer Pluspunkt, und auch Maxim Barron wird angesichts dieser Einschätzung erfreut sein, denn er sagt: „Es ist ein Album geworden, mit dem wir uns sehr eng verbunden fühlen.“

Das Video zu Sequence One wäre in den Baggy-Tagen ebenfalls gut angekommen.

Toy sind bald in Deutschland auf Tour:

25.02.2019 Köln, Bumann

26.02.2019 Hamburg, Prinzenbar

27.02.2019 Berlin, Cassiopeia

28.02.2019 Dresden, Beatpol

01.03.2019 Freiburg, Swamp

Website von Toy.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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