Dänische Delikatessen Review Kritik

Dänische Delikatessen

Film Dänische Delikatessen

Dänische Delikatessen Review Kritik
Bjarne (Nikolaj Lie Kaas, links) und Svend (Mads Mikkelsen) eröffnen eine Fleischerei.
Originaltitel De grønne slagtere
Produktionsland Dänermark
Jahr 2003
Spielzeit 100 Minuten
Regie Anders Thomas Jensen
Hauptdarsteller*innen Nikolaj Lie Kaas, Mads Mikkelsen, Line Kruse, Ole Thestrup, Bodil Jørgensen
Bewertung

Worum geht’s?

Svend und Bjarne haben es satt. Der Chef der Metzgerei, in der die beiden Schlachter-Gesellen arbeiten, betrachtet sie wahlweise als faul, unfähig oder beides und lässt keine Gelegenheit aus, sie spüren zu lassen, wie wenig er von ihnen hält. Deshalb kündigen sie und eröffnen gemeinsam eine eigene Fleischerei. Svend, ein nervöser Pedant, erhofft sich davon endlich Anerkennung in der Gesellschaft. Bjarne, ein menschenfeindlicher Kiffer, verbindet mit dem eigenen Betrieb die Erwartung, dass es endlich nicht mehr so viel Ärger bei der Arbeit gibt. Doch der neue Laden findet kaum Kundschaft und steuert ziemlich zügig auf den Ruin zu. Dann schließt Svend auch noch versehentlich einen Elektriker im Kühlraum ein, der dort über Nacht erfriert. In Panik suchen die beiden Kollegen am nächsten Morgen eine Möglichkeit, die Leiche zu beseitigen. Kurzerhand wird der Handwerker durch den Fleischwolf gedreht und Svend sieht die beste Möglichkeit zur Beseitigung aller Spuren darin, seine sterblichen Überreste tatsächlich den Kunden anzudrehen. Die Spezial-Filets entpuppen sich daraufhin als Verkaufsschlager und sorgen dafür, dass die neue Metzgerei plötzlich boomt. Allerdings bekommen Svend und Bjarne ein Problem, als ihr früherer Chef neidisch wird und Nachforschungen anstellt. Und dann müssen sie ja noch Nachschub besorgen, als das Fleisch des Elektrikers komplett ausverkauft ist…

Das sagt shitesite:

Wer als Schlachter arbeitet, darf beim Töten keine Skrupel haben. Diese einfache Tatsache nutzt Dänische Delikatessen als Grundzutat für eine bitterböse, rabenschwarze Groteske – indem das Töten von Tieren und das Töten von Menschen einfach gleichgesetzt wird. Wie absolut in diesem Werk von Regisseur und Drehbuchautor Anders Thomas Jensen, der aus der Dogma-Schule kommt, Moral geleugnet wird, wird schon zu Beginn des Films klar: Um das Startkapital für die neue Fleischerei auftreiben zu können, opfert Bjarne seinen seit Jahren im Koma liegenden Zwillingsbruder Egil. Er lässt die Maschinen abschalten, die ihn am Leben erhalten haben, damit er endlich auf sein Erbe zugreifen kann. Die Szene hat eine Beiläufigkeit, als würde eine Fliege am Stubenfenster erschlagen oder ein alter Hund eingeschläfert.

Gelegentlich überzieht Dänische Delikatessen diesen provokanten Ansatz, auch die Schlusspointe des Films ist letztlich etwas schlicht. Dafür gelingen viele absurd-komische Momente, wenn das Töten (auch von Menschen) hier einfach wie ein Handwerk betrachtet wird, bei dem es gilt, Perfektion zu erreichen, oder wie ein sportlicher Wettbewerb, inklusive des Strebens nach Bestleistung,

Zugleich lebt der Film von liebevollen Details etwa in der Ausstattung und vor allem von seinen beiden Haupfiguren. Wie der Ehrgeizling und der Chaot in ein Abenteuer stürzen, dem sie in keiner Weise gewachsen sind, entwickelt eine unterhaltsam-makabre Dynamik und offenbart viel Sympathie für all jene, die das Leben gestraft hat, oder die von ihren Mitmenschen immer bloß als Außenseiter betrachtet werden. In der Tat haben Svend und Bjarne schon genug Unglück für zwei Leben erfahren, obwohl sie gerade erst in einem Alter sind, in denen andere anfangen, sich mit Familienplanung, Eigenheim und den entscheidenden Karriereschritten zu beschäftigen. Dass die Maxime “Du sollst nicht töten” hier schlicht nicht gilt, wird auch mit der Biographie dieser beiden Männer legitimiert: Sie haben nie Glück, Gemeinschaft und Respekt erlebt, und deshalb vielleicht auch gar kein Verständnis dafür, dass so ein kleines Menschenleben so eine wertvolle Sache sein soll.

Bestes Zitat:

“Ein Tier zu töten und anschließend steckt man das Fleisch höhnisch in dessen eigenen Darm: Können Sie sich etwas Erniedrigenderes vorstellen, als in den eigenen Arsch gestopft zu werden?”

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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