Das Bildnis des Dorian Gray

Film Das Bildnis des Dorian Gray

Dorian Gray 2009 Filmkritik
Dorian Gray (Ben Barnes) genießt das Leben in London.
Produktionsland Großbritannien
Jahr 2009
Spielzeit 112 Minuten
Regie Oliver Parker
Hauptdarsteller Ben Barnes, Colin Firth, Rebecca Hall, Ben Chaplin, Emilia Fox, Rachel Hurd-Wood
Bewertung

Worum geht’s?

Dorian Gray ist auf dem Land aufgewachsen und kommt nun als junger Mann ins London des späten 19. Jahrhunderts, um das Haus (und das Vermögen) seines verstorbenen Großvaters zu übernehmen. Er ist begierig, die Möglichkeiten der Metropole kennenzulernen, und er wird von der gehobenen Gesellschaft der Hauptstadt begeistert begrüßt, schließlich ist er offenherzig, feingeistig und nicht zuletzt ein äußerst attraktiver Mann. Alle wetteifern um die Nähe, Aufmerksamkeit und Zuneigung des Neuankömmlings. Auch der Maler Basil ist enzückt und bittet ihn, Modell zu stehen. Vom fertigen Gemälde ist Dorian Gray so begeistert, dass er einen Wunsch äußert: Wenn er nur immer so aussehen könnte, wäre er sogar bereit, dafür seine Seele zu geben. Bald erkennt er, dass diese Idee wahr geworden ist: Egal, wie tief er sich ins Nachtleben stürzt oder welche Verletzungen er sich zuzieht – er bleibt äußerlich unversehrt, während das Bildnis sich verändert und altert. Sorgenfrei ist sein Leben trotzdem nicht mehr lange. Zum einen verliebt er sich in die Schauspielerin Sibyl, die von ihm schwanger und daraufhin verstoßen wird. Zum anderen muss er das Gemälde verstecken, das sein Geheimnis in sich birgt, auch vor Basil, der deshalb immer neugieriger wird. Als sich Dorian Gray auch dieser Aufdringlichkeit durch eine Grausamkeit enzogen hat, wird ihm nach und nach klar, welchen Preis er für die ewige Schönheit zu zahlen hat. Während er selbst jung, makellos, rein und strahlend bleibt, trägt das Bildnis nicht nur die Spuren seines Lotterlebens, sondern zusehends auch seines sittlichen Verfalls und seiner Herzlosigkeit.

Das sagt shitesite:

Seine besten Momente hat Das Bildnis des Dorian Gray der Romanvorlage zu verdanken. Es sind die eloquenten, zynischen Sticheleien, die am deutlichsten zwischen Basil als stillem Verehrer und Henry als Lehrmeister in Verruchtheit, Sarkasmus und Exzess zum Ausdruck kommen, und die scharfzüngigen, boshaften Abendgesellschaften in den Salons der Hauptstadt, die Oscar Wilde in seinem Werk immer wieder so wundervoll eingefangen hat. Ansonsten kann die Adaption von Oliver Parker nirgends an das Original heranreichen, auch nicht an die zahlreichen vorangegangenen Verfilmungen dieses Stoffs.

Die Mängelliste ist lang: Aus der Besetzung sticht allenfalls Colin Firth hervor, der sich als vom Luxus gelangweilter Lord Henry gerne Ausschweifungen aller Art hingibt, jeder Begierde folgt und Dorian anstiftet, es ihm gleichzutun. In der Titelrolle hingegen ist Ben Barnes eine Enttäuschung, auch sonst verliert sich der spektakulär ausgestattete Film immer wieder in einer oberflächlichen Gothic-Ästhetik à la Twilight, ohne damit Grusel, Schauder oder gar Doppelbödigkeit produzieren zu können.

Auch von den komplexen psychologischen Aspekten, die in diesem Stoff stecken, bleibt am Ende nur ein Mix aus Horror und Hedonismus. Dorians dunkle Vergangenheit mit Misshandlungen wird angedeutet, aber letztlich auf dieselbe Stufe gestellt wie seine eigenen sadistischen Spielchen, als er sich mehr und mehr in Verderbtheit, Müßiggang, Suff, Affären und Orgien ergeht. Der faustische Aspekt seines Pakts wird schnell übergangen, auch aus dem Konflikt zwischen dem Schüler (Dorian) und seinem von ihm sehr bald übertroffenen und schließlich in seiner vermeintlichen Liberalität und Toleranz herausgeforderten Lehrmeister (Henry) hätte man viel mehr herausholen können.

So bleiben nur eine recht oberflächliche Betrachtung des Wunsches nach ewiger Jugend und eine recht schlichte Story, in der sich die Hauptfigur vom naiven Landjungen zu einem narzisstischen, brutalen, gemeinen und egozentrischen Mann entwickelt, dessen auf dem Dachboden verstecktes Gemälde mehr und mehr einem Kadaver gleicht, bis alles in einem Quasi-Action-Finale aufgelöst wird. Vom Tiefgang und Esprit der Romanvorlage bleibt in dieser Version von Das Bildnis des Dorian Gray kaum etwas erhalten

Bestes Zitat:

“Der einzige Weg, einer Versuchung zu entkommen, ist ihr nachzugeben.”

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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