Delta Sleep – “Twin Galaxies”

Künstler Delta Sleep

Delta Sleep Twin Galaxies Review Kritik
Math-Rock kann auch organisch klingen, zeigen Delta Sleep mit “Twin Galaxies”.
Album Twin Galaxies
Label Big Scary Monsters
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Assemble / Activate heißt der erste Song auf diesem 2015 erschienenen Debütalbum von Delta Sleep. Die ersten Takte deuten auf Old-School-Electro oder Kinderspielzeug hin, aber nicht auf die Attacke, die dann mit dem folgenden Uncle Ivan kommt. Denn Track #2 ist dringlich, komplex, klug, emotional und atemlos. Zugleich zeigt dieses Lied eine wichtige Eigenschaft des Quartetts aus Brighton: Es gibt auf Twin Galaxies eine große Gleichberechtigung zwischen den Instrumenten, jeder darf einmal (oder auch mehrmals pro Lied) glänzen, wenn auch meist nur für ein paar Sekunden, weil dann schon wieder der nächste Part kommt.

Das ist bei weitem nicht der einzige Überraschungseffekt auf dieser Platte. Die 2010 gegründete Band macht Math-Rock, als Referenzen für Delta Sleep werden At The Drive-In, Mogwai und Radiohead genannt. Aber die verschlungenen Pfade, die man von diesen Vorbildern oder aus diesem Genre kennt, klingen hier nicht nach Reißbrett, sondern organisch.

21 Letters hat eine verspielte Gitarre, was im Ergebnis nicht verfrickelt klingt, sondern eingängig, erst ganz am Ende wird das Lied dem Begriff „experimentell“ gerecht. Die mehr als sechs Minuten von Spy Dolphin vergehen wie im Flug. Hungry For Love beginnt besonders aggressiv und strahlt auch danach Unruhe, Kribbeln und Nervosität aus, auch ganz ohne den Gesang von Frontmann Devin Yüceil.

Der Beginn der Single Lake Sprinkle Sprankle wäre von Bloc Party vorstellbar, dann folgen Passagen, die lupenreiner (und ziemlich aufregender) Emo sind. Daniel Craig David wird etwas funky, es wird keinen Bassisten auf der Welt geben, der bei diesem Lied keine feuchten Augen bekommt. Strongthany hat viel unmittelbare Energie, holt aber zugleich weit aus und zeigt letztlich die gesamte Bandbreite von Delta Sleep. Auch im erstaunlich sanften und einfühlsamen Spy Turtles kann man etwas Typisches an Twin Galaxies erkennen, genauer gesagt in einer Zeile daraus, die gut als Gebrauchsanleitung für die Platte dienen kann: „Grab your oxygen supply and leave everything behind.“

Das Video zu Lake Sprinkle Sprankle taugt als Chemie-Nachhilfeunterricht.

Delta Sleep bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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