Das Geisterhaus

Film Das Geisterhaus

Szene aus dem Film "Das Geisterhaus" mit Jeremy Irons und Glenn Close
Esteban (Jeremy Irons) unterdrückt seine Schwester Férula (Glenn Close).
Originaltitel Deutschland, Dänemark, USA, Portugal
Produktionsland USA
Jahr 1993
Spielzeit 141 Minuten
Regie Bille August
Hauptdarsteller Meryl Streep, Glenn Close, Jeremy Irons, Winona Ryder, Antonio Banderas, Vanessa Redgrave, Armin Müller-Stahl
Bewertung

Worum geht’s?

Esteban träumt von einer Hochzeit mit Rosa del Valle, einer Tochter aus gutem Hause. Doch im Chile der 1920er Jahre weiß er: Um von ihren Eltern die Einwilligung zur Heirat zu bekommen, muss er ein gemachter Mann sein. Er sucht sein Glück im Bergbau und findet zwei Jahre später tatsächlich eine Goldmine. Doch gerade als er mit dieser guten Nachricht nach Hause kommt, ist Rosa tot. Sie wurde Opfer eines Giftanschlags, der eigentlich ihrem politisch einflussreichen Vater galt. Esteban geht mit gebrochenem Herzen und seinem neu gewonnenen Vermögen aufs Land und wird dort ein erfolgreicher Gutsbesitzer. Jahre später wird er doch noch Schwiegersohn der Familie del Valle: Er heiratet Clara, die jüngere Schwester von Rosa. Die hat mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten sowohl ihre eigene Hochzeit mit Esteban vorhergesehen als auch den Tod ihrer Schwester – und macht sich seitdem schreckliche Vorwürfe. Die Ehe zwischen Esteban und Clara ist glücklich – bis sein herrischer Charakter und die politischen Veränderungen im Land zum Zerwürfnis führen.

Das sagt shitesite:

1993, nicht allzu lang nach der Wiedervereinigung, machte sich wohl auch in der deutschen Filmindustrie die Idee des “Wir sind wieder wer” breit. Anders ist das Zustandekommen von Das Geisterhaus nicht zu erklären. Satte 45 Millionen D-Mark standen für das Budget zur Verfügung. Produzent Bernd Eichinger konnte sich den Stoff eines internationalen Bestsellers sichern (den Hollywood, vielleicht wegen seiner politischen Brisanz, verschmäht hatte). Ein Ensemble voller internationaler Stars wurde engagiert, um ein großes Melodrama zu drehen, das sich ganz offensichtlich in einer Liga mit Vom Winde verweht sieht.

Das Problem ist allerdings: Das Geisterhaus ist auf der Kinoleinwand ein Rohrkrepierer. Zwar gibt es eine Top-Besetzung, und fast alle Hauptdarsteller glänzen hier tatsächlich nicht nur mit ihrem Namen, sondern auch mit ihren Leistungen. Es gibt auch eine opulente Ausstattung, die erstaunlicherweise dafür sorgt, dass der Film seine Glaubwürdigkeit, ebenso wie die stimmige Verbindung der vielen Handlungsstränge über einen Zeitraum von rund 50 Jahren, ausgerechnet aus der Optik bezieht. Und es gibt, vergessen wir das nicht, die Geschichte einer Familie, die die Würde, den Wandel, die Wut und die Wunden eines ganzen Landes verkörpert.

Der letzte Punkt zeigt allerings bereits: Die Geschichte von Das Geisterhaus ist das Verdienst des Buches von Isabel Allende, nicht des Films. Fast alles, was hier bei der Kino-Adaption des Romans künstlerisch versucht wird, scheitert hingegen. Wenn die Ranch von Esteban in malerischen Bildern gezeigt wird oder die üppige Pracht im Stadthaus der Familie del Valle eingefangen wird, dann ist Exotismus nicht weit. Schwerer wiegt: Auch inhaltlich bleiben etliche Facetten des Romans, sogar einige zentrale Themen, hier nur Ornament.

Viele Konflikte werden angedeutet, aber bevor sie dann wirklich erschöpfend behandelt werden können, rückt schon wieder der nächste in den Fokus. Die Schuldgefühle von Clara, die Zuneigung von Estebans Schwester zu seiner Frau, Claras Ringen mit ihren als wahnsinnig geltenden seherischen Kräften, das Aufbegehren von Blanca gegen ihren dominanten Vater und ihr Kampf um die Liebe zu einem Indianerjungen, nicht zuletzt die politische Dimension rund um den Widerstand der chilenischen Landarbeiter gegen die Quasi-Leibeigenschaft, in der sie von Esteban gehalten werden, später rund um die Exzesse der Militärdiktatur – all das sind existenzielle Kämpfe, die aber durchweg nur oberflächlich beleuchtet werden.

Schwach ist das vor allem, weil sich Drehbuchautor und Regisseur Bille August durchaus einige Freiheiten beim Umgang mit der Romanvorlage nimmt, aber die Notwendigkeit nicht erkannt hat, noch viel stärker komprimieren und fokussieren zu müssen. So wird Das Geisterhaus weder politisch relevante Kunst noch großer Historienschinken im Hollywood-Format. Sondern letztlich nichtssagend.

Bestes Zitat:

„Reich sein ist sehr langweilig. Man wird ruhelos.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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