Entführt

Film Entführt

Liane Bergmann (Nina Kunzendorf) hofft, dass Kommissar Danner (Heino Ferch) ihre entführte Tochter findet.
Liane Bergmann (Nina Kunzendorf) hofft, dass Kommissar Danner (Heino Ferch) ihre entführte Tochter findet.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2009
Spielzeit 180 Minuten
Regie Matti Geschonneck
Hauptdarsteller*innen Heino Ferch, Nina Kunzendorf, Mark Waschke, Charleen Deetz, Friedrich von Thun, Hanns Zischler, Andrea Sawatzki, Matthias Brandt, Suzanne von Borsody, Ulrich Thomsen, Thorsten Merten, Rike Schmid
Bewertung

Worum geht’s?

Hannah ist eine aufgeweckte 13-Jährige, mit liebevollen, liberalen Eltern. Als sie eines Tages gemeinsam mit ihrem Vater entführt wird, hat sie keine Ahnung, warum die Täter ausgerechnet sie ausgesucht haben. Die Polizei tappt ebenso im Dunkeln wie das Opfer. Nach und nach wird aber klar: Das Mädchen steht im Zentrum eines aufwendig vorbereiteten Komplotts. Es geht um ein Millionengeschäft in New York, und um ein Verbrechen, das schon 20 Jahre zurück liegt.

Das sagt shitesite:

Schon in der ersten Minute, als Hannah für Urlaubsfotos ihres Vaters in den Bergen posiert, und der Zuschauer zugleich merkt, dass da noch ein zweiter, versteckter Fotograf lauert, wirkt Entführt denkbar harmlos und zugleich unheimlich bedrohlich. Das sind die Pole, zwischen denen sich dieser ungewöhnliche Thriller dann drei Stunden lang bewegt.

Dass der Vater von Hannah hier als Kollateralschaden einfach mit entführt wird und dass die Kamera oft aus einer unruhigen Perspektive des heimlichen Beobachters filmt, zeigt schon, dass die üblichen Mechanismen des Krimi-Genres hier außer Kraft gesetzt sind. Von Anfang an ist in Entführt klar, wen es treffen wird, wie es passieren wird und wer die Täter sind. Dafür darf sich der Zuschauer über das “Warum?” den Kopf zerbrechen und zudem beobachten, was dieses Verbrechen mit allen Beteiligten anrichtet. Dabei Heino Ferch als Kommissar ins Zentrum der Erzählung zu stellen, ist zwar vergleichsweise konventionell, verstärkt aber die Wirkung dieses Zweiteilers enorm: Er ist über weite Strecken die Ausgeglichenheit in Person, fast immer professionell bis in die Haarspitzen – aber um ihn herum sind lauter Figuren, die etwas zu verbergen haben, in denen es brodelt oder die kurz vor dem Zusammenbruch stehen.

Niemand findet in dieser Gemengelage Schutz, niemand kann Schutz bieten. Überall werden Machtkämpfe ausgefochten, ob unter den beiden Geiseln, bei den Entführern, den betroffenen Familien oder im Polizeiteam. Der geschickteste Schachzug von Regisseur Matti Geschonneck ist es, in Entführt nicht auf einen sich zuspitzenden Zweier-Konflikt zu setzen, sondern auf viele Pärchen, die zugleich gegeneinander kämpfen als auch in sich zerstritten sind und deren Besetzung sich ähnlich rasant ändert wie in einem Reigen beim Barocktanz. Matthias Brandt und Susanne von Borsody als Quasi-Bonnie-&-Clyde und Heino Ferch und Nina Kunzendorf als Retter und Opfer agieren herrlich miteinander und sind nur zwei Beispiele für diese sehr wirkungsvolle Methode.

Das alles macht Entführt, 2010 mit der Goldenen Kamera als bester Fernsehfilm prämiert, zu einem echten Fernsehvergnügen: komplex, kreativ, spannend und sehr gekonnt.

Bestes Zitat:

“Weißt du, was dein Problem ist? Du wolltest immer alles haben: den Spaß, das Geld und das gute Gewissen.”

Es gibt leider keinen Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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