Draufgeschaut: Models

Lisa (Lisa Großmann), Tanja (Tanja Petrovsky) und Vivian (Vivian Bartsch) vertrauen fast nur dem Spiegel.
Lisa (Lisa Großmann), Tanja (Tanja Petrovsky) und Vivian (Vivian Bartsch) vertrauen fast nur dem Spiegel.
Film Models
Produktionsland Österreich
Jahr 1998
Spielzeit 98 Minuten
Regie Ulrich Seidl
Hauptdarsteller Vivian Bartsch, Lisa Grossmann, Tanja Petrovsky
Bewertung ***

Worum geht’s?

Lisa, Vivian und Tanja sind Models. Auf ihren Fotos sehen sie makellos und begehrenswert aus, doch im echten Leben plagen sie Einsamkeit, Figurterror und Konkurrenzkampf. Der Dokumentarfilm begleitet sie durch ihren scheinbar glamourösen Alltag.

Das sagt shitesite:

Ein einziges Ziel scheint sich Ulrich Seidl (Regie und Drehbuch) gesetzt zu haben: Den Mythos Models will er ein für allemal zerstören. Er zeigt nicht nur die üblichen Klischees zwischen Kippen, Koks und Klobrillen. Er zeigt auch, wie nervtötend monoton die Shootings sind und wie mörderisch der Wettstreit der Schönheiten werden kann.

Das Beste daran ist perfiderweise, wie hässlich seine Szenen dabei werden können. Die Models werden bei absurden Fitnesstrainings und peinlichen Schönheitsbehandlungen gezeigt, auf der (meist vergeblichen) Jagd nach sexuellen Abenteuern, beim Kacken und beim Kotzen – danach haben sie nichts Glamouröses oder Überhöhtes mehr.

Zudem macht Models klar, wie sehr diese Frauen zum Produkt gemacht werden, und wie sehr sie sich auch selbst dazu machen. Beim Casting wird Klartext geredet wie auf dem Viehmarkt, und auch in vielen anderen Szenen ist dieses Metier deutlich näher an der Prostitution als beispielsweise an der Schauspielerei.

Die Eindimensionalität dieses Daseins wird auch formal aufgegriffen: Immer wieder filmt die Kamera aus der Perspektive eines Spiegels heraus. Und die beste Szene liefert Models gleich zu Beginn. Da sagt eine Frau, von der man zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, dass sie Vivian ist, “Ich liebe dich”. Sie sagt es zwölfmal, und sie sagt es in einen Schminkspiegel hinein, der ihr Gesicht verdeckt. Es könnte sein, dass sie es zu sich selbst sagt, als eine Art plumper Selbstbestätigung oder übersteigerter Narzissmus. Es könnte sein, dass sie es zu dem Spiegel sagt, der ihr permanent den Wert ihres Selbst vor Augen führt und der damit die Instanz darstellt, der in Models vertraut wird und der sich alles unterwirft. Es könnte sein, dass sie den Satz übt, um ihn irgendwann einem anderen Menschen sagen zu können, sobald sie es geschafft hat, sich selbst zu lieben. Das zeigt all die Dimensionen, die dieses Business so faszinierend machen – und so schäbig.

Bestes Zitat:

“Ich pack’ die Realität nimmer.”

Eine Szene aus dem Film:

httpv://www.youtube.com/watch?v=eYtvu5gGM-o

 

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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