Futter für die Ohren mit Dum Dum Girls, Awolnation, Pinkunoizu, Hot Water Music und THEESatisfaction

Ein bisschen Japan, ein bisschen Berlin, ein bisschen Kopenhagen: Das sind Pinkunoizu. Foto: verstaerker.com
Ein bisschen Japan, ein bisschen Berlin, ein bisschen Kopenhagen: Das sind Pinkunoizu. Foto: verstaerker.com

Okay, fangen wir mit einem Superlativ an. Als den „wohl meist entspannenden Indiepop aller Zeiten“ haben die Kollegen von Eclipsed die Musik von Pinkunoizu gepriesen. Das Quartett aus Kopenhagen und Berlin hat sich nach dem japanischen Wort für ‘pink noise’ benannt. Ihr selbst aufgenommenes Debütalbum Free Time! ist noch einigermaßen frisch. Den Opener Time Is Like A Melody (***) gibt es jetzt bei Soundcloud als Gratis-Download. Das klingt ein bisschen wie die Chemical Brothers ohne Monsterbeats oder die Beta Band auf einem schlechten Trip. „I like the idea of taking little snatches from the world that surrounds us and putting those into the music,” umschreibt Sänger und Gitarrist Andreas Pallisgaard die Arbeitsweise von Pinkunoizu. “We’ve recorded random sounds from around our homes and used them as textures.” Mr. Spock würde wohl sagen: faszinierend.

Wo wir gerade bei seltsamen Bandnamen sind: THEESatisfaction ist nicht gerade ein Kracher, dafür ist die Musik von Stasia Irons (aus Tacoma) und Catherine Harris-White (aus Seattle/Hawaii) durchaus reizvoll. Was sie machen, nennt ihre Plattenfirma „feminine Funk-Psychedelic Sci-Fi Epik, mit der Wärme und Tiefe des Black Jazzs und Sunday Morning Souls“. und liegt damit gar nicht mal so falsch. Wer das Organische an den Roots schätzt oder noch immer auf ein Comeback der Fugees hofft, könnte hier jedenfalls sehr angetan sein. Ihr Debütalbum awE naturalE (jaja, die seltsamen Namen!) ist im Frühjahr bei Sub Pop Records erschienen, und auf der Website des Labels gibt es jetzt auch den Song QueenS (***), ganz legal und kostenlos. Der Track vereint gekonnt Punch und Verspieltheit, Coolness und Eleganz. Man kann auch einfach sagen: HipHop, clever, warm, innovativ und mit Sendungsbewusstsein.

Wer von Amerikanern mit einem gestörten Verhältnis zu Minuskeln nicht genug bekommen kann, liegt sicher auch bei AWOLNATION sehr richtig. Der Bandname leitet sich vom schönen Satz „I’ve gone AWOL“ ab, wobei das AWOL für „absent without official leave“ steht. Es geht also darum, einen draufzumachen, und so klingt auch die Musik der Band um Mastermind Aaron Bruno. Das Debütalbum Megalithic Symphony hat für einiges Aufsehen gesorgt, auch mit Downloads hat die Band gute Erfahrungen gemacht: Ihre Single Sail wurde in den USA eine Million Mal heruntergeladen, und sogar bezahlt. Vielleicht deshalb verschenken AWOLNATION jetzt gleich eine ganze EP namens I’ve Been Dreaming (***) mit sechs Liedern (darunter drei Live-Versionen) auf ihrer Homepage. Der Titelsong ist funky, der Hit It’s Not Your Fault bekommt in der Live-Variante noch ein bisschen mehr Testosteron. Das beste Lied ist Shoestrings, das auf ebenso irritierende wie verlockende Weise mit Eurodance-Elementen und einem kindisch-ausgelassenen Refrain spielt. So muss Musik wohl klingen, die bei Red Bull Records erscheint.

Nach so vielen Newcomern ist es bei Futter für die Ohren höchste Zeit für ein paar alte Recken. Da nehmen wir doch gerne Hot Water Music, die auf der Homepage des Rolling Stone gerade den Song Drag My Body (**1/2) verschenken. Der Opener vom Comeback-Album Exister (die 1993 gegründete Band hatte sich 2006 aufgelöst) dreht sich laut Sänger Chuck Ragan um eine Situation, in der es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt, bis man erkennt, dass man die Möglichkeit zum Triumph letztlich doch selbst in der Hand hat. Die Musik ist die Entsprechung davon: Der quicklebendige Bass sorgt für Bedrohlichkeit, der Gesang erfolgt im Ausnahmezustand, die Gitarre reitet ihre ganz eigene Attacke und im Refrain ziehen alle an einem Strang, bis zur Rettung. Das ist gekonnt, aber auch unbestreitbar altmodisch.

Machen wir zum Schluss also den Reigen an misslungenen Bandnamen komplett: Die Dum Dum Girls haben eine neue EP am Start. End Of Daze (produziert haben Sune Rose Wagner von den Raveonettes und Richard Gottehrer) erscheint am 28. September und soll das Quartett aus Los Angeles in vergleichsweise reduziertem und akustischem Klanggewand zeigen. Einige der Songs waren ursprünglich als B-Seiten gedacht, bis Sängerin Dee Dee bemerkte, dass sie einen ganz eigenen Charakter haben, der sich gut in Form einer EP zusammenfassen lässt. Einen Vorgeschmack vermittelt die Ballade Lord Knows (***1/2), die es bei Sub Pop zum kostenlosen Download gibt. Ein plakativer Drumbeat legt nur das Fundament für ein Meer von Bedauern und der an der Reduziertheit von Velvet Underground geschulte Bass darf die Wellen verkörpern, auf denen die herrlich klare Stimme segelt. Betörend.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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