Hingehört: Kovacs – “My Love”

Künstler Kovacs

Mit dunkler Stimme singt Kovacs vom intensiven Leben.
Mit dunkler Stimme singt Kovacs vom intensiven Leben.
EP My Love
Label Warner
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Als „lächerlich“ hat Paul McCartney unlängst die Idee bezeichnet, Popmusik zu studieren, mit Dozenten, Lehrplan und Abschlusszeugnis – selbst dann, wenn man sich im Unterricht explizit an den Beatles orientieren sollte. “We never studied anything, we just loved our popular music: Elvis, Chuck Berry, Little Richard, Fats Domino, etc. And it wasn’t a case of ‘studying’ it. I think for us, we’d have felt it would have ruined it to study it”, hat er erklärt.

Wie zutreffend das ist, kann bestimmt auch Kovacs bestätigen. Die Niederländerin (es gibt auch einen Vornamen dazu, nämlich: Sharon) wollte schon ihr ganzes Leben lang Musik machen, fand aber nie das passende Umfeld dafür, auch nicht am Rock City Institute in ihrer Heimatstadt Eindhoven. „Einige meiner Gesangslehrer wussten einfach nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Einmal haben sie mir sogar geraten, aufzuhören und mir etwas anderes zu suchen“, erinnert sich die 24-Jährige. „Nach ihren Maßstäben setzte ich meine Stimme völlig falsch ein. Aber so bin ich eben: Ich kann nicht anders singen.“

Nun gibt es mit My Love ihre erste EP, und man kann sich angesichts dieser vier Lieder über das Zeugnis ihrer Lehrer in der Tat nur wundern: Die Stimme ist eindeutig das, was Kovacs ausmacht. Dunkel, tief, herb, gefährlich. „Ich höre viel Billie Holiday, Etta James, Ella Fitzgerald, Nina Simone, Dinah Washington… auch Tina Turner und Janis Joplin sind Favoriten von mir. Sängerinnen mit Persönlichkeit, die wirklich lebten“, sagt sie. Man kann es sich auch noch einfacher machen beim Versuch, ihre Stimme zu umschreiben und bloß sagen: Amy Winehouse.

Auch die Attitüde passt bei Kovacs durchaus zur 2011 verstorbenen Soul-Königin. „Es muss ein bisschen kantig sein, um zu mir zu passen. Ich mache keine Gefangenen, und manche Dinge, die ich singe, sind bestimmt etwas unanständig, aber es ist immer ehrlich. Das bin ich. Ich mache Musik, weil ich es muss. Es ist der einzige Weg, auf dem ich meine Gefühle ausdrücken kann. Das macht meine Musik rein und echt“, sagt sie.

Nicht zuletzt gibt es Parallelen zu Amy Winehouse auch im Sound. Im dräuenden My Love umrahmen vor allem Streicher und Percussions die Stimme von Kovacs. He Talks That Shit wird vom akustischen Bass getragen, When The Lady’s Hurt entwickelt mit singender Säge und effektvoller Bariton-Gitarre so etwas wie James-Bond-Atmosphäre.

Das letzte Lied auf dieser EP ist der Song, der letztlich zum Schlüssel für die musikalische Karriere von Kovacs wurde: Ihre Version von I’ve Seen That Face Before (1981 eine Single von Grace Jones) schickte sie an Produzent Oscar Holleman. Der Mann, der seine Meriten vor allem als Hardrock-Knöpfchendreher unter anderem für Within Temptation verdient hat, war sofort begeistert von dieser Stimme. Er wurde endlich der musikalische Partner, den Kovacs gesucht hatte, um den passenden Ausdruck für die Klänge in ihrem Kopf zu finden. Bei einer Session in Havanna nahmen sie I’ve Seen That Face Before erneut auf, mit kubanischen Musikern und etwas Latin-Flair – von ausgelassener Lebensfreude kann aber auch hier keine Rede sein: Das Leben von Kovacs ist in Moll. Anfang des Jahres soll es ihr Debütalbum geben.

So düster und gefährlich wie die Stimme klingt, sieht auch das Video zu My Love aus.

Homepage von Kovacs.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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