Hingehört: Martin and James – “Life’s A Show”

Solide. Das ist Stärke und Schwäche von "Life's A Show" zugleich.
Solide. Das ist Stärke und Schwäche von “Life’s A Show” zugleich.
Künstler Martin and James
Album Life’s A Show
Label Trocadero
Erscheinungsjahr 2013
Bewertung

Der Dank an die Fans im Booklet ist für jeden Künstler eine beinahe obligatorische Geste, aber bei Martin and James hat er doch eine ganz besondere Bedeutung. „Without you we would be cleaning toilets in a pub somewhere in Glasgow“, schreiben Martin Kelly und James O’Neill in dem Heftchen, das ihrem zweiten Album Life’s A Show beiliegt. Da steckt viel Wahrheit drin, denn es zeigt zugleich die große Stärke und große Schwäche des Duos.

Die Schwäche: Die beiden Kerls, die aus Coatbridge in der Nähe von Glasgow stammen, sind gute Musiker, aber nicht so besonders oder meisterhaft, dass sie ein Dasein als Stars geradezu als Naturrecht beanspruchen könnten. Sie wissen: Es gibt da draußen eine Menge Talente, die genauso gut, vielleicht besser sind, die aber nicht so viel Glück gehabt haben. Martin and James machen solide Songs, auch auf Life’s A Show. Aber es gibt wenig, das wirklich herausragend oder gar unverwechselbar ist. Martin and James machen Gefälligkeitsmusik.

Die Stärke: Die beiden Schotten, die seit 2008 in Berlin leben, schaffen es, mit diesen Songs einen Nerv zu treffen, ihren Fans ein Gefühl von Wohligkeit und Verstandensein zu vermitteln, das in diesen Tagen sehr gefragt ist. Bei Milow oder James Morrison (mit denen Martin and James schon auf Tour waren) funktioniert das ganz ähnlich. Die Themen kommen mitten aus dem Leben ganz normaler Menschen, und die Musik passt dazu. Martin and James machen Gefälligkeitsmusik.

Der Opener Cold Heart weist den Weg: kompetent, zurückhaltend, wunderbar fürs Nachmittagsradio. Diese Richtung kann auf Life’s A Show, produziert von Tobias Kuhn (Udo Lindenberg, Thees Uhlmann) mitunter allerdings zu recht deprimierenden Orten führen: Ausgerechnet das programmatisch betitelte Where I Belong wird völlig belanglos, das banale My Last Prayer klingt wie Travis, wenn die nicht den geringsten Funken Eigenständigkeit zu bieten hätten, See No Land setzt auf ein paar Bausteine aus dem Tom-Petty-Klangbaukasten, bleibt aber seltsam verkrampft. Cynical Skin ist eine Powerballade, die auch Bon Jovi nicht von der Bettkante gestoßen hätten, mit guter Strophe und gutem Refrain, aber unfähig, beides halbwegs elegant zu verbinden. You’ll Be Gone I’ll Be Here ist ein weiteres Lied, das ein bisschen arg nach Schema F stinkt.

Es gibt auf Life’s A Show aber auch etliche Lieder, die nicht nur überzeugen, sondern verstehen lassen, warum Martin and James sich spätestens seit dem Debütalbum Wrong Directions einer anscheinend unaufhaltsam wachsenden Fangemeinde erfreuen. Die Single Matilda, offensichtlich der Tochter eines der Musiker gewidmet, wird enorm ehrgeizig: Das Lied beginnt sofort mit einem sehr effektvollen Chor und ist nicht nur stadiontauglich, sondern Fußball-WM-Titelsong-groß. My Dog Don’t Like The Rain ist vom ersten Ton an eine sehr schöne Ballade mit Paul-McCartney-Putzigkeit, Countrybeat und einem schicken Kneipenpianosolo.

I Know A Girl bleibt ganz akustisch und fährt dazu ein paar Streicher auf, gerät aber nie in Versuchung, übertrieben pathetisch zu werden. Der Titelsong am Ende des Albums besticht mit einem schönen Mix aus Lässigkeit und Larmoyanz (und einer Mundharmonika), und im reduzierten The Rope sind Martin and James noch ein bisschen näher an Crowded House als sowieso schon. Don’t Let It Go ist noch so ein Fall, in dem man erkennt, dass die Stücke von Martin and James im Kern oft aus richtig guten Gitarrenpopsongs bestehen. Leider bloß ohne Ecken und Kanten.

Alles zu Life’s A Show in ein paar Minuten:

httpv://www.youtube.com/watch?v=pDAgK0klZ2E

Homepage von Martin and James.

Im Oktober sind Martin and James auf Tour in Deutschland:

12.10.13 Hannover, Lux

13.10.13 Dortmund, FZW

14.10.13 Duisburg, Grammatikoff

17.10.13 Berlin, Magnet Club

18.10.13 Osnabrück, Rosenhof

19.10.13 Köln, Luxor

20.10.13 Hamburg, Knust

23.10.13 Düsseldorf, Zakk Club

24.10.13 Stuttgart, Universum

25.10.13 Frankfurt, Das Bett

30.10.13 Bremen, Schlachthof mit Thees Uhlmann

31.10.13 Bielefeld, Ringlokschuppen mit Thees Uhlmann

01.11.13 Dortmund, FZW mit Thees Uhlmann

03.11.13 München, Muffatwerk mit Thees Uhlmann

04.11.13 Erlangen, E-Werk mit Thees Uhlmann

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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