Hingehört: Frankie Rose – “Interstellar”

Girl Pop, mal schräg, mal verhuscht, bietet Frankie Rose auf "Interstellar".
Girl Pop, mal schräg, mal verhuscht, bietet Frankie Rose auf “Interstellar”.
Künstler Frankie Rose
Album Interstellar
Label Memphis Industries
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung ***

“The whole record is about dreaming of some ‘other’ place”, sagt Frankie Rose. Besser könnte man Interstellar nicht umschreiben. Denn was die Dame aus Brooklyn hier veranstaltet, ist nicht nur ganz, ganz anders als ihr Output mit den Vivian Girls, Dum Dum Girls oder Crystal Stilts. Es ist auch sehr anders als die Platte, die sie vor zwei Jahren als Frankie Rose And The Outs veröffentlicht hat.

Im weitesten Sinne und auf eine sehr verquere Art könnte man Interstellar zwar noch immer Girl Pop nennen. Aber gemeinsam mit Produzent Le Chev (der sich zuvor als Remixer einen Namen gemacht hat und in dieser Funktion auch schon für Frankie Rose am Werk war) hat sie sich neu erfunden. “We recorded the record in a private studio dubbed ‘The Thermometer Factory’ in Park Slope. I wanted this record to be totally different and in so doing I knew I had to work with someone who would lend fresh ideas and know how to make sounds that I wouldn’t know how to make. I wanted to make a particular record and I knew Le Chev would be the one who could help me do it”, erklärt Frankie die Zusammenarbeit.

Nun schält sich im Titelsong gleich am Beginn der Gesang aus einem Meer von Watte heraus, und danach entwickelt der Track eine sommerliche Leichtigkeit wie Saint Etienne in ihren fluffigsten Momenten (eine Assoziation, die im weiteren Verlauf von Interstellar noch ganz oft auftauchen wird). Know Me vereint einen Eighties-Powerpop-Beat mit einer The-Smiths-Gitarre, Daylight Sky schickt Ladyhawke geschätzte 25 Jahre in die Vergangenheit. Solche Referenzen sind Frankie Rose keineswegs unangenehm, sagt sie: “I always have a big picture in mind. I knew I wanted a HUGE sounding record. Big highs, big lows, and clean. There is no fuzz on this record. I knew I wanted to make a streamlined, spacious record with big choruses that sometimes referenced 80s pop.”

Manchmal merkt man noch, dass Frankie Rose früher gerne Krawall gemacht hat. Da trifft in Gospel/Grace ein vergleichweise wildes Schlagzeug auf sphärischen Gesang, Had We Had It entwickelt zu einer schlagkräftigen Bass-Drums-Kombination nach und nach eine subtile Dringlichkeit. Night Swim hat höchst faszinierende Gitarrenarbeit zu bieten, schräg, gewagt und doch packend.

Daneben stehen aber Momente wie das verhuschte Apples For The Sun, das nach dreieinhalb Minuten fast weg ist und dann doch noch einmal zurückkehrt, ohne dass es einen großen Unterschied machen würde. Es gibt Songs mit Surfgitarre (Moon In My Mind) und sogar Cello (der Rausschmeißer The Fall). Das beste Lied ist Pair Of Wings, das bloß mit Orgel und Gesang beginnt, sehr elegant daherkommt, und dann dank Synthie-Bass und vieler zusätzlicher Gesangsspuren nichts weniger als majestätisch wird. So muss Musik klingen, die aus einer Welt unter Wasser kommt, aus Lava oder Wolken. Oder aus einem Traum.

Erstaunlich: Im Video zu Night Swim schwimmt Frankie Rose durch die Nacht. Halbnackt.

httpv://www.youtube.com/watch?v=VE56wTNj7J0

Homepage von Frankie Rose.

 

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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