The Antlers – “Burst Apart”

Künstler The Antlers

Auf "Burst Apart" entdecken The Antlers zumindest manchmal die Heiterkeit.
Auf “Burst Apart” entdecken The Antlers zumindest manchmal die Heiterkeit.
Album Burst Apart
Label Transgressive
Erscheinungsjahr 2011
Bewertung

Als traurige Band galten The Antlers spätestens nach ihrem dritten Longplayer Hospice (2009). Dieses Image will das Trio aus Brooklyn nun unbedingt loswerden. “We’re not particularly sad people. We have a lot of different feelings about things. There’s a whole spectrum of emotion to explore and I think that’s what we were trying to do on this record”, erklärt Peter Silberman, der in den Anfangsjahren ganz alleine The Antlers war, aber mittlerweile von Michael Lerner (Schlagzeug) und Darby Cicci (Keyboards und alles Mögliche) unterstützt wird.

Auch seine Bandkollegen sind eifrig dabei, zu betonen, wie optimistisch Burst Apart auch sein kann und wie vielseitig das Werk geworden ist. “We wanted to make an honest record that we all felt we were putting our real selves into,” macht Lerner deutlich, und beeilt sich, zu ergänzen: “It doesn’t have to be pure sorrow or unadulterated joy.  If you’re feeling something, than we’re doing something right.” Und Cicci fügt hinzu, dass sich The Antlers diesmal zwar von elektronischer Musik haben inspirieren lassen, dabei aber sehr genau darauf geachtet haben, das Ergebnis nicht zu klinisch oder eindimensional werden zu lassen: “A lot of electronic music prides itself on its anti-human quality, where it chooses to pull emotion out rather than add emotion in. In that way, this record is definitely way far from being an electronic record.”

Freilich ist aus den Antlers, die auf Hospice noch über Krebs, Tod und Abtreibung gesungen hatten, nicht plötzlich die Hermes House Band geworden. Schon die ersten Zeilen von Burst Apart strafen die Gute-Laune-Beteuerungen des Trios Lügen: “You wanna climb up the stairs / I wanna push you back down / But I let you inside / so you can push me around”, singt Peter Silberman am Anfang von I Don’t Want Love. Das Lied klingt dazu so zerbrechlich, dass man meinen könnte, es werde mit zu wenig RPM abgespielt, wenn da nicht diese hohe Stimme wäre.

Auch danach bleibt Burst Apart eine Platte, die schüchtern wirkt, filigran, liebevoll, sensibel. Radiohead sind der wichtigste Bezugspunkt, auch die melancholischeren Momente der Beta Band scheinen hier manches Mal Pate gestanden zu haben. In das Fundament rund um oft elektronische Beats, sehr gelassene Gitarren und Silbermans Falsetto ordnen sich zudem immer mal wieder opulentere Sounds an. Im Hintergrund von Rolled Together kann man Bläser ausmachen, das nahezu instrumentale Tiptoe wartet mit einem Saxofon-Solo auf, in Hounds hat eine Trompete ihren großen Auftritt. Der Track ist durchaus typisch für das Album: Hounds klingt, als sei es immer ganz kurz vor dem Stillstand, dem Verschwinden, dem Schweigen. Auch das folgende Corsicana ist, wie ganz Vieles auf Burst Apart, so wunderschön und leicht, dass man es vorsichtshalber niemals so etwas Brutalem wie dem Tageslicht aussetzen möchte.

Das entwickelt auf Dauer eine sehr einnehmende, bezaubernde Atmosphäre, ohne dass einzelne Lieder besonders herausragen würden. Zumindest in Ansätzen lässt sich dann aber auf Dauer doch die neue Heiterkeit der Antlers ausmachen. French Exit hat einen patenten Beat und verströmt die verführerische Wärme und Verspieltheit von Vampire Weekend. Parenthesis mit seinem gebrochenen Rhythmus wirkt wie ein Mix aus Massive Attack, Prince, TV On The Radio und den abstrakten Gitarren von Graham Coxon auf den letzten Blur-Platten. Sogar funky und definitiv schwungvoll kommt Every Night Me Teeth Are Falling Out daher.

No Widows (das auch perfekt auf You Are Here von Brainpool gepasst hätte) ist der erste von vielen Songs, in dem die Antlers auf einen zuckersüßen uhuhu-Chor im Hintergrund setzen, der beinahe bei den Kings Of Leon gesamplet sein könnte. Am Ende steht mit Putting The Dog To Sleep eine Soul-Ballade mit irrem Crescendo, einer geheimnisvollen Orgel und einem Walzertakt.

Die beste Zusammenfassung für Burst Apart liefert Peter Silberman selbst: “I think, in a weird way, it’s a record about trying to understand happiness. It’s also about change – making different decisions in your life and trying to understand yourself better, understanding things like confidence and self-destructive qualities. I think growing up would be the blanket idea.”

Elektronik, aber auch Gefühl: Diese Performance von Putting The Dog To Sleep ist der beste Beleg für das neue Konzept der Antlers:

httpv://www.youtube.com/watch?v=rRDP4g5eiyM

The Antlers bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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