Hingehört: The Van Jets – “Cat It Fury!”

Keine Katze in Sicht, auch kein Pferd. Trotzdem: "Cat It Fury!"
Keine Katze in Sicht, auch kein Pferd. Trotzdem: “Cat It Fury!”
Künstler The Van Jets
Album Cat It Fury!
Label Belvedere
Erscheinungsjahr 2011
Bewertung **

Seltsam ist das. Da rockt es, lärmt es, knarzt es, wie man das bei Bands vom fünften Kontinent schätzt. Schließlich ist Australien die Heimat des rechtschaffenen Geradeaus-Rocks, von AC/DC über die Vines bis hin zu Jet. Und dann rockt es, lärmt es, knarzt es also auf dieser Platte, bis der Sänger in Our Heads, dem letzten Lied auf Cat It Fury!, plötzlich etwas von einer Zugfahrt nach Brüssel erzählt. Wie zur Hölle kommt er denn auf, ausgerechnet, Brüssel?

Die Antwort ist vergleichsweise einfach: The Van Jets kommen gar nicht aus Australien. Sie klingen nur so. In Wirklichkeit ist das Quartett in Belgien zuhause und hat dort mit seinem Debütalbum Electric Soldiers und dem Vernehmen nach spektakulären Live-Shows schon einigen Wirbel entfacht. Auch Cat It Fury!, der heute erscheinende Nachfolger, ist in Belgien schon länger zu haben und hat einige Radiohits hervorgebracht. Nun wollen The Van Jets damit den Rest der Welt erobern.

Die Band um das Brüderpaar Johannes und Michael Verschaeve hat definitiv Potenzial. Alle, die nachts von seltenen E-Gitarrenmodellen träumen, oder der Meinung sind, die ganze Menschheit solle am besten in Garagen leben, werden hier ihre helle Freude haben. Sänger Johannes Verschaeve hat genau die Stimme, die man haben muss, wenn man ein Frontmann sein will, ohne nach Castingshow zu klingen. Und Gitarrist Wolfgang Vanwymeersch zeigt auf Cat It Fury! immer wieder, wie groß sein technisches Vermögen und seine stilistische Bandbreite sind.

The Future klingt zum Auftakt wie Jet mit etwas weniger Testosteron. Teevee scheint sich eine Verfolgungsjagd mit den Kooks zu liefern. Down Below und vor allem Dancer, das beste Stück des Albums, machen deutlich, dass es vielleicht gar keine so schlechte Idee wäre, wenn Franz Ferdinand ein bisschen weniger auf Körperpflege achten würden. Our Heads, das Lied mit dem Zug nach Brüssel, trägt ganz viele Gene von David Bowies Space Oddity in sich.

Das Problem ist nur: The Van Jets wollen zu viel. Man muss nicht zu viel in das Ausrufezeichen am Ende des Albumtitels hineininterpretieren, um das zu erkennen. In jeder Sekunde hört man hier, wie sehr das Album auf Effekt ausgelegt ist, beeindrucken will. Fast jedes Lied hat überflüssige Gitarrensoli oder nervige Passagen, die wie Jam-Sessions klingen – das alles trägt sicher zum Vergnügen der Musiker bei, aber nicht zum Vergnügen der Hörer.

The Other Man ist plakativ, aber nicht eingängig. Der Glam-Rock von Givers & Takers kann mit noch so vielen uhuuhs verziert werden: Er wird nicht sexy. Und Onawa klingt, als habe sich ein richtig gutes Riff in einem Lied verirrt, das eigentlich lieber Synthiepop sein will – und da hilft es auch nichts, dass eben jenes Riff am Ende mit einem wilden Solo versucht, auszubrechen oder den Song auf den Kopf zu stellen.

Cat It Fury!, aufgenommen in London mit Produzent Jon Gray (Editors, The Subways), soll clever und komplex klingen und trotzdem ursprünglich und packend genug sein, um für Live-Ekstase zu sorgen. Am Ende gelingt nichts davon.

Das Video zu The Future lässt keinen Zweifel daran: The Van Jets sind auf jeden Fall Underground:

httpv://www.youtube.com/watch?v=SNAXqUKuhbk

The Van Jets auf MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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