Samy Deluxe – “SchwarzWeiss Up2Date”

Künstler Samy Deluxe

Samy Deluxe SchwarzWeiss Up2Date – Live in der Kulturwerkstatt Review Kritik
Auch den Ort der Entstehung seines Livealbums feiert Samy Deluxe.
Album SchwarzWeiss Up2Date – Live in der KunstWerkStadt
Label Emi
Erscheinungsjahr 2011
Bewertung

Man könnte dies für Ausverkauf halten. Mit SchwarzWeiss hatte Samy Deluxe im Sommer 2011 die Spitze der deutschen Albumcharts erreicht und eine Goldene Schallplatte eingefahren. Kurz vor Weihnachten desselben Jahres kam dann dieses Update heraus, dem man keine Gewalt antut, wenn man es als die Unplugged-Version des regulären Albums bezeichnet. Später (im Dezember 2012) folgte auch noch eine Dokumentation zu SchwarzWeiss auf DVD, außerdem gab es zwei Tourneen zum Album sowie eine Kunstausstellung.

SchwarzWeiss Up2Date – Live in der KunstWerkStadt zeigt aber von der ersten Sekunde an, wie unangebracht solch ein Vorwurf wäre. Stattdessen hat man es hier einfach mit einem Künstler zu tun, der hörbar begeistert von seinem aktuellen Werk ist (Stolz auf mich ist ungefähr zur Hälfte dieses Konzertmitschnitts wohl nicht ganz zufällig der erste Moment mit dem üblichen Unplugged-Feeling, klingt lässig und selbstbewusst, aber nicht selbstzufrieden). Er möchte seine Mitstreiter der Welt vorstellen (immer wieder verweist Samy Deluxe in seinen Ansagen auf die Tsunami Band), vor allem aber will er Einblicke in die Entstehungsweise seiner Kunst geben. Genau dieses Ziel verfolgten schließlich auch die Doku, die Ausstellung und all die Videos und weiteren Features, die auf die eine oder andere Weise mit SchwarzWeiss verbunden sind.

Ganz zentral ist dabei der Ort, der sehr bewusst auch im Albumtitel genannt ist: die KunstWerkStadt, ein in den 1970er Jahren eingerichtetes Studio vor den Toren Hamburgs, einst bekannt vor allem als Produktionsstätte für Hardrock und Metal. Für Samy Deluxe scheint sie ein zweites Zuhause geworden zu sein, zugleich haben die Möglichkeiten in diesem Refugium, so sagt er selbst, seine Musik auf ein neues Level gehoben. „Ihr steht quasi in dem Album drin“, sagt er in Anfang, um den Zuschauern klar zu machen, wie groß die Verbindung zwischen Entstehungsort und Werk ist. Die Inspiration, die dieser Ort auf ihn ausgeübt hat, ist in der Tat zu greifen.

Poesiealbum zeigt mindestens fünf der großen Stärken von Samy Deluxe (Flow, Härte, Witz, Melodie und Horizont). Wer wird Millionär legt den Finger in die richtige Wunde der Tagespolitik, Eines Tages steckt voller Hoffnung, Wärme und sogar Reife, Allein bleibt zuerst smooth, dann bringen die Bläser spürbare Kraft hinein. Hände hoch wird vom heute fast 40-Jährigen völlig zutreffend angekündigt als „kleines Highlight“ und entwickelt auch in dieser Version einen klasse Groove.

Dass Samy Deluxe auch ein Storyteller ist, beweist Keine wahre Geschichte, dass er auch ohne elektrische Verstärkung Aggressivität und Bedrohlichkeit hinkriegt, zeigt er in RapGenie. Wie clever man mit dem Hang/Zwang zum Selbstreferenziellen umgehen kann, der mit diesem Genre verbinden ist, macht Unbeschriebenes Blatt deutlich: Er hat hier großen Spaß an seinem Metier, aber auch den nötigen Respekt davor. Die hintereinander platzierten Doppelt VIP und Vater im Himmel werden spannend durch den Wechsel der Perspektive zum gleichen Thema, er richtet sich einmal Vater an sein Kind, dann umgekehrt.

Der Titelsong ist, wie schon auf dem regulären Album, auch bei Up2Date – Live in der KunstWerkStadt der Höhepunkt. Es geht in SchwarzWeiss ums Deutschsein mit Migrationshintergrund, ums „Leben zwischen den Stühlen“, wie es in einer Zeile heißt, und es zeigt das, was Samy Deluxe in dieser äußerst inspirierten Phase seiner Karriere ausmacht: Ernsthaftigkeit, Ehrgeiz und Engagement.

Samy Deluxe spricht über Up2Date und die KunstWerkStadt.

Website von Samy Deluxe.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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