Slim Twig – “A Hound At The Hem”

Künstler Slim Twig

Slim Twig A Hound At The Hem Review Kritik
“A Hound At The Hem” brachte Slim Twig ursprünglich in Eigenregie heraus.
Album A Hound At The Hem
Label DFA
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

All This Wanting heißt das fünfte Stück auf diesem Album. Es zeigt nicht nur, wie viel Kraft und Vorwärtsdrang im Sound von Slim Twig stecken kann. Es verdeutlicht auch schon mit seinem Titel die wichtigsten Themen, die der Mann aus Toronto für A Hound At The Hem gewählt hat: Begehren, Lust und Tabu – lose inspiriert von Vladimir Nabokovs Lolita.

Das Lied ist zugleich der Moment des Albums, den man am ehesten mit dem Begriff “straight” charakterisieren kann. An vielen anderen Stellen wimmelt die Musik von Slim Twig vor Überraschungen wie der Auftakt Heavy Splendour: Innerhalb von sechs Minuten gibt es Streicher, einen heavy Bass, einen Beat mit viel Entschlossenheit und reichlich Drama im Gesang in zwei sehr unterschiedlichen Stimmlagen. Shroud By The Sheetful verdeutlicht, was vielleicht entstanden wäre, wenn die Doors schon Stoner Rock gekannt hätten. Blonde Ascending (Come Into The Clatter) wird zur Slim-Twig-Entsprechung einer Ballade, orchestral, aber ohne auf die normalerweise damit verbundene Majestät oder Schwülstigkeit aus zu sein.

Das “Gleichgewicht aus Zugänglichkeit und Experimentierfreude”, hat The Quietus an dieser Platte begeistert, die Slim Twig schon 2010 aufgenommen und dann in einer Mini-Auflage auf seinem eigenen Label veröffentlicht hat, bis DFA das Ganze vier Jahre später neu auflegte: “For every chunk of Zombies-esque pop-psych riffage, there’s a muffled hip-hop beat buried deep in the mix; for every elegant orchestral flourish, there’s a vocal that sounds like it’s been dubbed in Lee Perry’s echo chamber.”

Deutlich häufiger neigt sich die Waagschale indes in Richtung des Freigeistigen statt Angenehmen: Maintain The Charade paart eine Fuzz-Gitarre mit einem sehr auffälligen Bass. Das Ergebnis wird so schräg, cool, retro und verstörend (unter anderem durch die Bläser am Ende), dass man wetten möchte, das würde Quentin Tarantino gefallen. In Widow Were You Younger steht viel stärker der Gesang im Vordergrund als in den anderen Stücken, dadurch wird der Track aber keineswegs weniger durchgeknallt. Hover On A Sliver ist zunächst rund 90 Sekunden lang instrumental. Während sich die Instrumente gerade in Richtung Wahnsinn davon zu schleichen scheinen, taumelt dann die Stimme hinein und weiß wohl nicht, ob sie besänftigen möchte oder mitkommen.

Clerical Collar illustriert am besten, wie die Methode von Slim Twig funktioniert: Auf einem prominenten Shuffle-Beat baut er ein sehr originelles Arrangement mit vielen Elementen, die man schon in den Sixties benutzt hat. Hier klingen sie aber überaus modern – durch ihren schieren Überfluss und die Art, in der sie kombiniert sind.

Ein Chor von Sockenpuppen darf im Video zu All This Wanting mitsingen.

Slim Twig bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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