Sparkling – “I Want To See Everything”

Künstler Sparkling

Sparkling I Want To See Everything Review Kritik
Zur Hälfte haben Sparkling ihr Debütalbum “I Want To See Everything” in London aufgenommen.
Album I Want To See Everything
Label Vitamin A
Erscheinungsjahr 2019
Bewertung

I Want To See Everything eröffnet das gleichnamige Debütalbum von Sparkling. Es ist keine Hymne auf die NSA oder sonstige Spanner, sondern erweist sich als Bekenntnis dazu, möglichst viel erleben zu wollen, am besten in vielen verschiedenen Ecken der Welt. „Wollen wir gemeinsam gehen / gemeinsam die Welt verstehen?“, singt Frontmann Levin Krasel zu einem Sound, der ein bisschen nach New Wave klingt, aber ohne dessen Aggressivität, und natürlich ist das ebenso eine Einladung wie eine Frage.

Den Wunsch nach Eindrücken aus aller Herren Länder wiederholt er später in diesem Lied noch auf Englisch und Französisch. Das passt nicht nur zum Globetrotter-Traum, sondern auch zur bisherigen Karriere von Sparkling. Levin Krasel (Gesang, Gitarre, Synthies), Leon Krasel (Schlagzeug) und Luca Schüten (Bass) gründeten ihre Band noch zu gemeinsamen Schulzeiten in Köln. Als es galt, einen Plan für die Zeit danach zu finden, entwickelte das Musik-Hobby eine erstaunliche Eigendynamik: 2014 planten Sparkling eine Reise nach England und organisierten sich selbst einen Auftritt in London. Daraus werden dann mehrere, weil Promoter und Publikum in der Stadt so sehr mochten, was sie zu hören bekamen. Es folgten Shows in Frankreich, wo das Trio aus Köln ebenfalls bestens ankam.

Das hat auf I Want To See Everything seine Spuren nicht nur in Texten hinterlassen, die deutsche, englische und französische Zeilen mischen. Auch die Entstehungsweise war international: Ihr Debütalbum (2016 gab es von ihnen schon die EP This Is Not The Paradise They Told Us We Would Live In, die Moses Schneider produziert hatte) haben Sparkling zur Hälfte in Düsseldorf aufgenommen, zur Hälfte in London mit Andy Ramsay von Stereolab. Das Booklet hat das französische Foto-/Video-Duo écoute chérie gestaltet, auch beim Pariser Vorzeige-Label Kitsuné haben es Sparkling schon auf einen Sampler geschafft.

Nicht nur in der polyglotten Attitüde, sondern auch im Sound lässt das etwa in Alive an Bonaparte denken. Auch bei Next To Me drängt sich diese Parallele auf, etwa wegen des absichtlich unbeholfenen Raps und der Vorliebe für die Klänge altertümlicher Tasteninstrumente. Dass Sparkling mühelos Synthesizer (die etwa in We Don’t Want It dominieren) und Gitarren (die beispielsweise in The Same Again wunderbar plakativ werden) zu einer stimmigen Symbiose bringen, ist eine der Stärken des Trios.

Noch auffälliger ist, dass diese Lieder gleichzeitig intuitiv und unmittelbar wirken, dabei aber offenkundig hochgradig detailgenau und von einer sehr genauen ästhetischen Vorstellung getragen sind. It Isn’t True ergänzt diese Eigenschaft um Aufbegehren und Leidenschaft, Champagne wird hektisch und vorwärtstreibend, als würde Levin Krasel eine Sprechübung machen, um seine Zunge für künftig noch schnellere Bewegungen zu trainieren. „Es gibt so viel zu entdecken, so viel auszukundschaften – aber trotzdem fühlt man sich schon beim ersten Hören heimisch darin“, schreibt Linus Volkmann im Pressetext sehr treffend über die Lieder von Sparkling.

Dazu kommt, dass I Want To See Everything keineswegs gefangen bleibt in seinen eigenen musikalischen Koordinaten, sondern immer wieder auch ausbricht. When I Go To Sleep illustriert diesen experimentellen Ansatz etwa mit Sprechgesang und seltsamen Geräuschen. Something Like You offenbart so viel Lust auf Komplexität voller Ecken und Kanten, dass man an Good Shoes muss. Natürlich ist diese musikalische Vielfalt eine Entsprechung der sprachlichen, auch deshalb kann man Alles nur vielleicht als das Manifest von Sparkling verstehen. Denn hier äußern sie auf Deutsch ihre wichtigste Botschaft: einen Appell an Offenheit und Miteinander.

Wenn schon Champagne, dann bitte Sparkling.

23.10. Hamburg – Uebel & Gefährlich
24.10. Jena – Rosenkeller
25.10. Chemnitz – Atomino
30.10. Lyon (FR) – La Marquise
02.11. Paris (FR) – Supersonic
06.11. London (UK) – Windmill Brixton
15.11. Berlin – Maze
16.11. Nürnberg – Club Stereo
17.11. Hannover – Café Glocksee
21.11. Göttingen – Dots
22.11. Köln – Gebäude 9
29.11. Bremen – Lagerhaus
30.11. Darmstadt – Bedroomdisco
01.12. Bielefeld – Nr.Z.P.
12.12. Brussels (BE) – Le Brass

Website von Sparkling.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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