Warum schlaue Frauen keine Kinder wollen

Herzlos, karrieregeil, egoistisch. Das sind die Vorwürfe, die sich Frauen anhören müssen, die sich gegen Kinder entschieden haben. Doch ist es nicht ebenso egoistisch, sich für ein Kind zu entscheiden, weil man sich davon ein erfülltes Leben verspricht?

Ist es nicht verantwortungsvoller, eine so wichtige Entscheidung genau abzuwägen – und sich im Zweifel lieber für ein Nein zu entscheiden, als der gesellschaftlichen Erwartung zu entsprechen, der Elternrolle dann aber nicht gerecht werden zu können? Diese Fragen wirft der Lüneburger Soziologe Günter Burkart auf. Er spricht deshalb nicht von Egoismus, sondern von Selbstthematisierung.

Eine Befragung hat ergeben: «Kinderlose Frauen halten sich auch selbst für egoistisch. Da wirkt der Druck der Gesellschaft. Sie fühlen sich diskriminiert. Sie wünschen sich mehr Akzeptanz», hat die österreichische Soziologin Mariella Hager erkannt. Sie hat kinderlose Akademikerinnen befragt, warum sie keine Mütter sein wollen.

Die Soziologin stellt klar, dass die Entscheidung gegen Kinder nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt fällt, sondern ein Prozess ist. Für manche steht schon als Teenager oder mit Mitte 20 fest, dass sie niemals Kinder haben werden (Frühentscheider), andere wägen länger ab und beziehen den Partner in ihre Wahl mit ein (Spätentscheider). Die dritte Gruppe wünscht sich Kinder, findet aber nicht den geeigneten Partner oder die passenden Rahmenbedingungen, bis es schließlich zu spät ist (Aufschieber).

In den meisten Fällen rechtfertigen die Frauen im Nachhinein den eingeschlagenen Weg. Aber bei den Spätentscheidern und Aufschiebern gibt es auch Reue. «Die kennen durchaus einen Kinderwunsch. Und bei manchen ist dann später auch Wehmut dabei», sagt Hager, die selbst zwei Kinder hat und sagt: «Ich hatte dadurch keinerlei Karriere-Einbußen.»

Sie hat in ihrer Studie Kinderwunschlos glücklich? unter den kinderlosen Akademikerinnen fünf Typen ausgemacht: Es gibt die Klassische Karrierefrau, die Freiheitsliebende, die als Single unabhängig sein will, und die Kinderfeindliche, die den Kontakt mit Kindern grundsätzlich meidet. Dazu kommt die Ängstliche Pessimistin, die sich durch ein Kind überfordert sieht oder Angst vor dem Schmerz der Geburt oder der Gefahr eines behinderten Kinds hat. Zum fünften Typus gehört die Partner-Orientierte, die sich sorgt, dass ein Kind die Partnerschaft gefährden könnte oder ihren Partner für ungeeignet als Vater hält.

Eine bessere Familienpolitik kann aus Sicht der 32-Jährigen durchaus zu mehr Geburten führen. Wichtiger als mehr Kindergeld und Krippenplätze sei aber «ein Umdenken insgesamt: Die Männer müssen sich mehr für Kinder einsetzen und mehr Arbeiten im Haushalt übernehmen. Die Unterprivilegierung von Frauen in der Arbeitswelt muss aufhören und der Wiedereinstieg in den Beruf muss erleichtert werden. Und auch die Medien sollten stärker zeigen, welche Bereicherung Kinder sein können», fordert Hager. Der Wirkung konkreter politischer Maßnahmen sind aus ihrer Sicht aber Grenzen gesetzt. «Das wichtigste ist der Kinderwunsch. Wenn der nicht da ist, kann ihn auch die Politik nicht herbeiführen.»

Den kompletten Artikel gibt es auch auf news.de.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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