| Film | Wunderschön | |
| Produktionsland | Deutschland | |
| Jahr | 2022 | |
| Spielzeit | 132 Minuten | |
| Regie | Karoline Herfurth | |
| Hauptdarsteller*innen | Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Dilara Aylin Ziem, Emilia Schüle, Martina Gedeck, Joachim Król | |
| Bewertung | ![]() |
Worum geht’s?
Hosen, die nicht mehr passen. Männer, die kein Interesse mehr haben. Jobs, für die man mit 25 vermeintlich schon zu alt ist: Wunderschön nimmt am Beispiel von fünf Frauen und in lose verbundenen Episoden die Herausforderungen in den Blick, die Frauen unterschiedlicher Generationen mit sich, vor allem aber mit der von der Gesellschaft an sie herangetragenen Erwartungshaltung haben. Frauke (um die 50) fühlt sich nicht mehr begehrenswert und bekommt auch von ihrem Mann Wolfgang dieses Gefühl vermittelt. Julie (Fraukes Tochter) träumt von einer Modelkarriere. Leyla (die Teenager-Tochter von Julies Managerin) kämpft um die Anerkennung ihrer Mutter. Sonja (Julies Schwägerin) hat zwei Kinder bekommen und mag seitdem weder ihren Körper noch ihr Leben. Vicky (Sonjas beste Freundin und Kunstlehrerin) glaubt weder an die Bedeutung von Äußerlichkeiten noch an die Machbarkeit einer tatsächlichen Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Daraus wird eine interessante Betrachtung des ständigen Aushandelns von Prioritäten zwischen Schönheitsidealen, Karriereplänen, Mutterrolle, Beziehungs- und Erziehungsproblemen und nicht zuletzt dem allgegenwärtigen Druck zu Selbststilisierung und -optimierung.
Das sagt shitesite:
Wunderschön wurde bereits 2019 gedreht, kam dann aber wegen der Covid-Pandemie erst 2022 in die Kinos. An Aktualität hat das Thema in der Zwischenzeit nichts eingebüßt: Die durch viele gute Beobachtungen mitten aus dem Leben gestützte Erkenntnis, dass die Sache mit Feminismus, Selbstverwirklichung und Body Positivity doch gar nicht so einfach zu verwirklichen ist, hat nach wie vor Gültigkeit und höchste Relevanz – auch in Kreisen, in denen das Bekenntnis dazu selbstverständlich zu sein scheint. Der Film nimmt dabei mit Humor (manchmal sogar recht derber Komik) und Sensibilität (gelegentlich mit wirklich rührenden Details) unterschiedliche Lebensentwürfe in den Blick, in denen Frauen immer wieder auf dieselben Fragen zurückgeworfen werden: Wer will ich sein (also: Was ist mein persönliches Idealbild von mir)? Wer soll ich sein (also: Was ist das Idealbild anderer von mir)? Und wer bin ich eigentlich (also: Wie weit weiche ich in meinem Wesen von diesen beiden Idealbildern ab? Und wie komme ich mit dieser Abweichung klar)?
Die dritte Regiearbeit in Spielfimlänge von Karoline Herfurth betrachtet dabei nicht nur Schönheitsideale, sondern gesellschaftliche Erwartungen und Rollenbilder insgesamt. Es geht um taxierende Blicke und gut gemeinte Ratschläge von anderen Frauen, es geht um Männer, die ihrerseits mit ihrem Selbstbild ringen, dabei aber ihre Privilegien nicht erkennen, und es geht immer wieder um den weiblichen Körper, auf den hier letztlich alles bezogen wird: die Selbstbetrachtung und der Blick von außen, daraus abgeleitet, wie wertvoll man sich fühlt, wie sehr man akzeptiert wird, wie erfolgreich man ist. Ausgerechnet dieser Körper soll letztlich auch der Hebel sein, über den die Figuren in Wunderschön ihre Bestätigung, Anerkennung und Liebe finden wollen.
Das wird albern, rührend, klug und mit einer tollen Besetzung auf die Leinwand gebracht. Wunderschön erlaubt seinen Figuren niemals Selbstmitleid und zeigt seinem Publikum auch niemals den erhobenen Zeigefinger. Drei Schwächen hat der Film dennoch: Die Figuren sind interessant, aber – vielleicht zwangsläufig bei einem Episodenfilm mit so großem Ensemble – nicht besonders tief gezeichnet. Bewegend oder spannend wird es selten, auch das ist der Idee mit den sich eher zufällig überschneidenden Handlungssträngen geschuldet. Und so deutlich die Botschaft ist, die Herfurth an die Frauen (und sicher noch mehr an die Männer) im Kinosaal senden möchte: Richtig kämpferisch soll dieses feministische Plädoyer doch nicht werden. Zu wichtig ist Wunderschön die Feelgood-Atmosphäre, die in diesem Film aber sehr gekonnt mit der Sensibilisierung für ein gravierendes und von vielen weiterhin ausgeblendetes gesellschaftliches Problem verbunden wird.
Bestes Zitat:
„Wir verschwenden unsere komplette Kraft an eine unlösbare Aufgabe.“
Der Trailer zum Film.


