Fack ju Göhte

Film Fack ju Göthe

Fack ju Göhte Kritik Rezension
Zeki (Elyas M’Barek) gibt sich als Lehrerkollege von Lisi (Karoline Herfurth) aus.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2013
Spielzeit 118 Minuten
Regie Bora Dagtekin
Hauptdarsteller*innen Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Jella Haase, Katja Riemann, Max von der Groeben, Uschi Glas, Jana Pallaske
Bewertung

Worum geht’s?

Mehr als ein Jahr saß Zeki Müller nach einem Banküberfall im Gefängnis. Kaum entlassen, will er endlich an die Beute ran, die seine Freundin für ihn auf einer Baustelle versteckt hatte. Das Problem: Wo damals noch eine Brache war, steht jetzt eine Turnhalle, die zur benachbarten Schule gehört. Als Zeki versucht, trotzdem an das Geld zu kommen und deshalb das Schulgelände inspiziert, gerät er irrtümlich in ein Bewerbungsgespräch als Aushilfslehrer. Unverhofft bekommt er die Stelle – und damit die Möglichkeit, jede Nacht nach Feierabend nach dem versteckten Geld zu suchen. Tagsüber steht allerdings Unterricht an, und der erweist sich als reichlich nervenaufreibend. Denn die Schüler haben so wenig Lust auf Bildung wie Zeki einst selbst hatte. Und dann sind dann ja noch seine Kolleginnen, die schnell bemerken, dass Zeki kein echter Lehrer ist, aber trotzdem großes Interesse daran haben, ihn an der Schule zu halten.

Das sagt shitesite:

Die Lümmel von der ersten Bank waren Waisenknaben dagegen: Was dem Helden und seinen (echten) Lehrerkollegen in Fack Ju Göhte widerfährt, ist nichts anderes als Krieg. Statt Respekt begegnen ihm im Klassenraum reichlich Fäkalien, Beleidigungen, Misshandlungen und die maximale Bildungsferne. Der Witz dabei: Der größte Proll an dieser Schule ist dennoch Herr Müller selbst. Er begegnet den Schülern nicht mit sanften Motivationssprüchen, antiautoritärer Rücksichtnahme oder dem Versuch, ihren womöglich doch irgendwo vorhandenen Intellekt zu kitzeln. Im Gegenteil: Er begegnet ihnen mit ihren eigenen Waffen, nicht als pädagogischer Trick, sondern weil er gar nicht anders kann.

Dieser Lehrer geht noch weniger gern zur Schule als seine Schüler. Seine Unlust auf Unterricht beruht nicht auf der Lehrern oft unterstellten Faulheit, sondern ist Prinzip. Ans Märchen eines Aufstiegs durch Bildung, Ehrgeiz und Disziplin glaubt er ebenso wenig wie die Teenies an der Gesamtschule im Problemviertel. Mit seinen Schülern ist er sich einig: Lernen bringt nichts. Wer es im Leben zu etwas bringen will, braucht ganz andere Fähigkeiten, etwa eine große Fresse, einen dicken Bizeps oder pralle Titten; in jedem Fall aber maximale Rücksichtslosigkeit allen Mitmenschen gegenüber.

Das ist das erste erstaunliche Grundprinzip bei Fack Ju Göthe. Denn es ist nicht nur politisch unkorrekt. Es wirft auch einen ziemlich realistischen Blick auf den Zustand des deutschen Schulsystems, ohne dabei den Anschein zu erwecken, eine politische Agenda zu verfolgen, Reformen einzufordern oder gar eine Lösung für die Bildungsmisere zu propagieren. Alle werden hier verarscht: Schüler und Lehrer, Hardliner und Weicheier, eine naive Berufsanfängerin, eine zynische Direktorin, eine entnervte Hysterikerin, die sich lieber aus dem Fenster stürzt als sich noch einmal vor die Klasse zu stellen.

Auch die vermeintlichen Vorbilder der Kids, die schon lange vor der Pubertät beigebracht bekommen, dass sie eine bürgerliche Karriere vergessen können (“Ihr seid Abschaum”, erklärt ihnen Herr Müller), bekommen ihr Fett weg: Der Gangsterboss hat ein wenig glamouröses Leben, eine Rundtour durch Zekis Freundeskreis führt den Schülern etwa die wenig verheißungsvollen Lebensumstände von Hartz-IV-Empfängern, Junkies und Prostituierten vor Augen.

Der zweite große Pluspunkt dieser Komödie ist der Mut zum Drastischen, den Regisseur Bora Dagtekin schon mit Türkisch für Anfänger bewiesen hatte. Das gilt für die sehr brutalen Streiche der Schüler, die für eine gute Dosis Slapstick sorgen. Es gilt aber noch viel mehr für die Sprache des Films. Die Dialoge von Fack Ju Göhte sind hart und derb (es gibt nicht allzu viele FSK12-Filme, in denen es so häufig um Oralverkehr geht), das Tempo ist rasant, die Attitüde ist frech, das Timing fast immer perfekt. Auch wenn der Plot eine beinahe konventionelle Entwicklung nimmt, ist diese Komödie auf erfrischende Weise unsentimental. Mit anderen Worten: cool.

Bestes Zitat:

„Chantal, heul leise!“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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