Coldcut – “Only Heaven”

Künstler Coldcut

Coldcut Only Heaven Kritik Rezension
Fünf Tracks haben Coldcut auf ihrer neuen EP versammelt.
EP Only Heaven
Label Ahead Of Our Time
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Man könnte es für die größte Stärke von Coldcut anno 2016 halten, die genau richtigen Stimmen für ihre Musik zu finden. Auch diesmal, auf ihrem ersten physischen Release seit Sound Mirrors vor zehn Jahren, beweisen Jon More und Matt Black dafür wieder ein untrügliches Talent. Wenn beispielsweise in Dreamboats der Gesang von Roots Manuva auf wunderbarste Weise einen spannenden Kontrast zu den Vocals von Roses Gabor entwickelt, ergänzt um einen sehr cool verschleppten Beat, dann ist das überdeutlich.

Beide Gastsänger sorgen noch für weitere Highlights auf Only Heaven. Roses Gabor veredelt Donald’s Wig (bei diesem Titel muss man einen Seitenhieb auf den kommenden US-Präsidenten vermuten), dessen Breakbeat nichts Verhuschtes hat, sondern viel Druck und Tempo. Roots Manuva ist gleich bei zwei weiteren Songs dabei, am prominentesten ist sein Part zum Abschluss der heute erscheinenden EP in Quality Control: Der Track strahlt eine große Souveränität aus, sogar Majestät, die in der Stimme steckt, aber auch im Minimalismus der Musik. Einen sehr feinen Rap verpasst er dem Titeltrack Only Heaven, der an Portishead denken lässt, weil er mit viel Raum arbeitet, wie man das bei TripHop kennt, garniert mit einer niedlichen Spieluhr.

Noch beeindruckender als diese exquisite Auswahl an stimmlicher Verstärkung ist bei Coldcut aber etwas anderes: Für zwei Männer, die ihre erste Single 1987 veröffentlichten und als Gründer von Ninja Tune (und in vielen anderen Rollen) wichtige Wegbereiter der elektronischen Musik waren, klingt ihr Werk fast schockierend zeitgemäß. Ausgerechnet der Track von Only Heaven, der instrumental bleibt, ist dafür der deutlichste Beleg: Creative klingt wie die perfekte Entsprechung von Festival, Sommer und Spätnachmittag – und könnte auch von einem beliebigen Jungspund kommen.

Auf dem bereits angekündigten neuen Album werden Coldcut, wie auch hier, mit Produzent Dave Taylor (Diplo, Major Lazer, Beyoncé) zusammenarbeiten. Man darf sich darauf freuen.

Im Quasi-Video zu Donald’s Wig ist Mr. Trump leider nicht zu sehen.

Coldcut bei Ninja Tune.

 

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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