The Afghan Whigs – “Do To The Beast”

Künstler The Afghan Whigs

Nach 16 Jahren kehren die Afghan Whigs mit "Do To The Beast" zurück.
Nach 16 Jahren kehren die Afghan Whigs mit “Do To The Beast” zurück.
Album Do To The Beast
Label Sub Pop
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Nicht totzukriegen. Das gilt für die Afghan Whigs gleich in mehrfacher Hinsicht. Zuerst schaffte es die 1986 gegründete Band, mit den Achtzigern, Neunzigern und einem kleinen Teil der Nullerjahre gleich drei Jahrzehnte mit düsterer, tiefgründiger Rockmusik zu beschallen. Nach der Auflösung im Jahr 2001 erstanden sie dann, entgegen aller Beteuerungen von Frontmann Greg Dulli, vor zwei Jahren wieder auf und spielten eine sehr erfolgreiche Tournee. Als die am 31. Dezember 2012 mit einer triumphalen Show in ihrer Heimatstadt Cincinnati zu Ende ging, sah das wieder wie ein Schlusspunkt aus. „I assumed we were done. We’d completed the cycle”, erinnert sich Greg Dulli. Doch dem war nicht so. Irgendein Stein war ins Rollen gebracht, irgendein Feuer entfacht worden.

Und so gibt es jetzt, 16 Jahre nach dem letzten Album, eine neue Platte der Afghan Whigs. Das Nichttotzukriegen, den Überlebenswillen und die Urkraft, gepaart mit einem Willen, immer alles aufs Spiel zu setzen, hört man auch Do To The Beast deutlich an. „You’re gonna see me light a fire on my days“, singt Greg Dulli in Can Rova, das leise beginnt und dann nach drei Minuten hymnisch wird. In dieser Zeile steckt das Programm für diese Platte.

Auf der CD-Hülle stehen keine Songtitel, dafür gibt es Bilder von nackten Frauen. Eine sieht aus wie eine Prostituierte während einer Zigarettenpause, eine andere wie eine Leiche am Waldrand. Es ist diese Atmosphäre von Gefahr, Sex und Abgrund, die Do To The Beast prägt. Beispielsweise Royal Cream ist klassischer Rock im Sinne der Eagles Of Death Metal, heavy und hormongetrieben. Der Rausschmeißer These Sticks ist spooky und gewaltig, Dulli singt wie ein Besessener und beschwört damit, nicht nur in diesem Moment, Led Zeppelin herauf.

Der Opener Parked Outside könnte kaum primitiver sein: ein einfacher Beat, zwei Akkorde, und dann Geschrei. Spätestens, als in der zweiten Strophe eine messerscharfe zweite Gitarre dazu kommt, klingt das mächtig gefährlich. Matamoros ist benannt nach einer mexikanischen Stadt, in der es wiederholt satanistische Ritualmorde gab. Die Wucht von hartem Rock wird hier mit einer Spannung gepaart, die auch Kenntnis von HipHop und Elektro beweist. Wenn Audioslave und Justin Timberlake jemals aufeinander treffen sollten, käme wohl so etwas heraus. Die Single Algiers bringt lüsternen Gesang, Be My Baby-Drums und ein tolles Gitarrensolo à la Neil Young zusammen.

Eine Hauptrolle in It Kills spielt Van Hunt, mit dem die Afghan Whigs zuletzt auf Tour waren. “We began duetting on his song Mean Sleep together every night. He’d do this scream live that he didn’t do on the recording; and I thought to myself, ‘Wow, he sounds like Bobby Womack!’”, erinnert sich Greg Dulli. “When I wrote It Kills, I wanted another voice on it, like a Greek chorus, so I called Van. I said, ‘Do whatever you like, just try not to use actual words – and if you can do that Bobby Womack thing, do that, too!’” Das Ergebnis hat – trotz der Gewalt der Gitarren und des Bombasts der Streicher – eine erstaunliche Verletzlichkeit.

Auch I Am Fire gegen Ende des Albums schafft es, seine Power nicht aus der Lautstärke zu ziehen, sondern aus dem Gefühl. Als wichtigstes Lied auf Do To The Beast (der Albumtitel entsprang übrigens einem Missverständnis im Studio mit Tontechniker Manuel Agnelli) betrachtet Greg Dulli allerdings Lost In The Woods. “That song resonates the most with me”, sagt er. “It reminds me of my childhood; sitting in the back of my parents’ Bonneville hearing You’re My Best Friend by Queen on AM radio. I played a distorted Wurlitzer at the end to capture that feeling; I did a lot of little personal homages like that throughout this record.”

Es ist dieser Mix aus einem reichen Erfahrungsschatz und einer Noch-lange-nicht-genug-Attitüde, der zum Treibstoff für Do To The Beast wird. “A lot of records I’ve done stemmed from epochal experiences in my life – and this time I’ve used them all”, umschreibt Dulli diesen Effekt. Das Ergebnis ist dunkel, aber nicht unversöhnlich. Es klingt spannend, organisch, intensiv und unverwechselbar.

Im Zweifel ist eine Stretch-Limo auch geländetauglich, lehrt das Video zu Algiers.

httpv://www.youtube.com/watch?v=91nRWbMFpFE

Homepage der Afghan Whigs.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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