Eels – “Wonderful, Glorious”

Künstler Eels

Auch auf "Wonderful Glorious" bieten die Eels dem Leben die Stirn.
Auch auf “Wonderful Glorious” bieten die Eels dem Leben die Stirn.
Album Wonderful, Glorious
Label E-Works
Erscheinungsjahr 2013
Bewertung

Road Trip. American Beauty. Herr Lehmann. Die ersten drei Teile von Shrek. Es gibt nicht viel, was diese Filme gemeinsam haben. Außer: Die Musik der Eels im Soundtrack. Die Lieder von Mark Everett & Co. werden immer wieder gerne in Filmen eingesetzt, und der Grund dafür liegt auf der Hand: Seine Songs haben eine fast magische Bildkraft.

Auch auf Wonderful, Glorious, dem zehnten Album der Eels, gilt das wieder. Fast jeder Track könnte hier auch als ein Mini-Hörspiel durchgehen, mit fein ausgetüftelter Atmosphäre und spannungsgeladener Dramaturgie. „It’s a tangled cobweb that I weave / the dusty room of an aching mind“, singt Everett in Kinda Fuzzy, zu einem HipHop-Beat, einer dramatischen Gitarre und einem Prog-Rock-Finale – diese Zeilen könnten ein Credo seines Songwritings sein.

Das reduziert-romantische Accident Prone, in dem Everett sich fast schuldig fühlt angesichts eines glücklichen Zufalls, ist noch ein Beispiel dafür. On The Ropes steckt voller Stolz und rückt sogar mit dem Gesang ein bisschen in die Nähe von Johnny Cash. In The Turnaround ist das Schlagzeug schön verschleppt, die Gitarre verträumt, der Gesang verloren – und am Ende sind allesamt verzweifelt. I Am Building A Shrine durchzieht eine sanfte Brise, True Original (das einzige Lied, das Everett komplett alleine geschrieben hat; bei allen anderen waren die Bandmitglieder auch als Autoren mit am Werk) wird eine dieser putzigen, kompromisslosen Liebeserklärungen, für die man die Eels so schätzt.

Erstaunlich sind bei all dem drei Dinge: Erstens ist Wonderful, Glorious schon wieder ein richtig gutes Album. Ausfälle finden sich hier nicht, und man muss sie auch in der fast 20-jährigen Eels-Karriere sehr mühsam suchen. Und das, obwohl der Eels-Output zuletzt so groß war, dass sie nicht einmal zwei Jahre für die Trilogie aus Hombre Lobo, End Times und Tomorrow Morning gebraucht haben, die diesem Album voranging.

Die neue Platte bietet durchweg inspirierte, innovative Rockmusik wie New Alphabet. Der Opener Bombs Away ist eine Kampfansage (unter anderem mit der Zeile “A dog not barking ain’t no dog at all”), die gerade dadurch so glaubwürdig bedrohlich wird, dass sie nicht wirklich brutal daherkommt, sondern als schräger Funksong, wie man das von Beck kennt. Auch die Single Peach Blossom spielt mit derlei Machismo, vereint Monster-Drums und einen mächtigen Bass mit Flöten und Glockenspiel – so würden vielleicht die White Stripes klingen, wenn sie die Hausband im Hades wären.

Zweitens ist es höchst wundersam, wie es den Eels schon wieder gelingt, aus den verschiedensten Zutaten ein gelungenes Ganzes zu machen. Mark Everett war diesmal besonders experimentierfreudig, denn Wonderful, Glorious wurde in seinem gerade neu eingerichteten Studio aufgenommen, in dem er sich so richtig kreativ austoben wollte. „It was exciting. It filled me with hope for limitless possibilities“, sagt er über die ersten Sessions in den neuen Räumen. “The only rule I had was ‘let’s try it.’ If anyone in the room had an idea, I’d say ‘let’s try it.’”

So schaffte es im nervösen Stick Together auch eine angedeutete Surfgitarre auf das Album. Open My Present ist quasi Stoner-Rock, in dem Mark Everett singt wie ein böser Geist aus der (Whiskey-)Flasche. You’re My Friend könnte man sich sogar von den Gorillaz vorstellen. Und den Titelsong ganz am Ende des Albums muss man fast sexy nennen.

Drittens grenzt es noch immer an ein Wunder, mit wie viel trotzigem Optimismus Mark Everett das Leben angeht. Wer unbedingt wissen will, wie viel Kummer dieser Mann schon erlebt hat, sei auf seine sehr lesenswerte Autobiografie Things The Grandchildren Should Know verwiesen. Doch trotz Krankheit, Tod und Herzscheiße will dieser Mann einfach nicht aufhören, an das Gute, die Liebe und die Freude zu glauben. Wonderful, Glorious enthält immer wieder den Willen, diesem Leben die Stirn zu bieten, bis hin zu den letzten beiden Zeilen dieses Albums: „A wretch like me / can make it through.“ Everett hat wieder ein paar Lieder gemacht, die seine unerschütterliche Hoffnung auf Glück nähren. Und manchen Hörer diesem Ziel vielleicht sogar ein Stückchen näher bringen könnten.

Einen ziemlich irren Tagtraum zeigt das Video zu New Alphabet:

httpv://www.youtube.com/watch?v=SC-MO-5PWAk

Homepage der Eels.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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