Abgedreht

Film Abgedreht

Szene aus dem Film Abgedreht mit Jack Black und Mos Def
Jerry (Jack Black, links) und Mike (Mos Def) drehen Blockbuster nach.
Originaltitel Be Kind Rewind
Produktionsland USA
Jahr 2008
Spielzeit 101 Minuten
Regie Michel Gondry
Hauptdarsteller Jack Black, Mos Def, Danny Glover, Melonie Diaz, Mia Farrow, Sigourney Weaver
Bewertung

Worum geht’s?

Die Videothek von Elroy Fletcher ist ein Auslaufmodell: Es kommen immer weniger Kunden, weil es im Laden nach wie vor nur VHS-Kassetten gibt, obwohl längst die DVD ihren Siegeszug angetreten hat. Auch das Gebäude ist renovierungsbedürftig, die Stadtverwaltung würde es am liebsten gleich abreißen lassen, um teure Eigentumswohnungen bauen zu lassen. Doch Elroy hängt nicht nur an den alten Beständen in seinem Laden, sondern auch an dem Haus selbst, denn hier wurde der legendäre Jazzmusiker Fats Waller geboren, ein berühmter Sohn der Stadt. Als er ein Ultimatum bekommt, innerhalb kurzer Zeit entweder die Immobilie zu sanieren oder den Laden dichtzmachen, begibt er sich auf Recherchereise in die nächste Großstadt, um sich von der Konkurrenz ein paar Tricks abzuschauen. Die Videothek soll derweil Mike führen, der so etwas wie ein Ziehsohn von ihm ist. Mike gibt sich alle Mühe, das Geschäft am Laufen zu halten, ständig funkt ihm dabei aber sein Chaos verbreitender Freund Jerry dazwischen. Zur Katastrophe wird das, als Jerry – der zuvor einen Stromschlag abbekommen hat – durch seine pure Anwesenheit im Laden sämtliche Bänder gelöscht hat, weil durch das ihn umgebende Magnetfeld die Aufzeichnungen auf den Kassetten unbrauchbar geworden sind. Um die wenigen Kunden weiter bedienen zu können, sehen Mike und Jerry nur eine Möglichkeit: Wenn sie wissen, welchen Film ein Kunde haben möchte, drehen sie diesen Film kurzerhand nach, mit eigener Kamera, eigenen Kostümen und eigenen Special Effects. Die improvisierten Versionen werden schnell zu Überraschungserfolgen und locken immer mehr Kunden an – sorgen aber auch für neuen Ärger, spätestens, als Elroy zurückkehrt.

Das sagt shitesite:

Vor allem zu Beginn macht Abgedreht seinem doppeldeutigen deutschen Verleihtitel alle Ehre: Zunächst muss man glauben, man habe es hier mit einem Biopic über den (tatsächlich existierenden) Jazz-Pionier Fats Waller zu tun. Dann scheint es um die Beziehung zwischen dem weisen, warmherzigen Elroy und seinem etwas vertrottelten Schützling Mike zu gehen. Schließlich rückt Jerry in den Mittelpunkt und lässt die Komödie in Richtung von Chaos-Feuerwerken wie beispielsweise Die nacke Kanone rücken.

Das kann mal als wirr kritisieren – zumal der Plot dann noch weitere unerwartete (und längst nicht immer glaubhafte) Wendungen nimmt. Bei einem genaueren Blick wird aber klar, warum Regisseur und Drehbuchautor Michel Gondry hier die ersten Szenen dem 1943 mit nicht einmal 40 Jahre gestorbenen Musiker gewidmet hat: Abgedreht wendet selbst die Methoden des Jazz an. Der Film lebt von Improvisation, gönnt seinen einzelnen Protagonisten ein paar Solopassagen und verändert gefühlt alle 10 Minuten seinen Charakter. Trotzdem greift alles ineinander und vor allem die Atmosphäre bleibt durchweg stimmig und auf vibrierende Weise reizvoll.

Dem manchmal revolutionären Geist des Jazz entspricht hier auch das Thema: Wir haben es bei Abgedreht tatsächlich mit einem Hollywood-Film zu tun, der mit einem Budget von 20 Millionen Dollar gegen die Konformität des Mainstreamkinos agitiert. Zugleich nimmt Gondry die seltsame Angewohnheit auf die Schippe, aufwendige Remakes beispielsweise von erfolgreichen europäischen Filmen zu drehen, die vermeintlich nicht massenkompatibel genug sind. Nicht zuletzt propagiert er, auch das ist höchst erstaunlich, einen laxen Umgang mit dem Urheberrecht und nimmt auch dabei sehr explizit die eigene Branche ins Visier.

Das Ergebnis ist nicht nur durchgeknallt, besonders und äußerst charmant. Abgedreht erweist sich auch als im höchsten Maße liebevolle Hommage an die Kraft des Films jenseits bombastischer Produktionen und Marketingkampagnen.

Bestes Zitat:

„Unsere Vergangenheit gehört uns. Wir können sie verändern.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

Alle Beiträge ansehen von Michael Kraft →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.