Soloalbum

Film Soloalbum

Soloalbum Film Kritik Rezension
Ben (Matthias Schweighöfer) wird von Katharina (Nora Tschirner) verlassen.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2003
Spielzeit 87 Minuten
Regie Gregor Schnitzler
Hauptdarsteller Matthias Schweighöfer, Nora Tschirner, Oliver Wnuk, Lisa Maria Potthoff, Christian Näthe, Leander Haußmann, Matthias Matschke, Julia Dietze, Sandy Mölling, Thomas D
Bewertung

Worum geht’s?

Ben genießt sein Leben als Musikjournalist in Berlin, darf sich privat (auch dank seiner guten Freunde Alf und Christian) und beruflich (weil es in dieser Branche einfach dazugehört) einige Eskapaden erlauben und findet sich und die Welt weitgehend cool. Bis seine Freundin Katharina nach drei Jahren mit ihm Schluss macht. So wenig er sich vorher um sie bemüht hat, so sehr leidet er jetzt unter der Trennung. Er verbarrikadiert sich tagelang in seiner Wohnung, versucht dann, sich mit anderen Frauen abzulenken und schmiedet schließlich Pläne, wie er Katharina zurückerobern kann. Die Menschen um ihn herum (einschließlich seiner Exfreundin) finden all diese Aktionen reichlich befremdlich. Doch Ben glaubt, nun endlich zu wissen, wer er ist und was er will.

Das sagt shitesite:

Es gibt Bücher, die als unverfilmbar gelten. Wegen ihrer komplexen Handlung, eines viel zu großen Figurenensembles oder einer völlig fantastischen Story. Benjamin von Stuckrad-Barres großartiger Debütroman Soloalbum weist keines dieser Merkmale auf. Dass die Verfilmung von von Gregor Schnitzler trotzdem weitgehend an der Vorlage scheitert, hat einen anderen Grund: Zwischen dem Buch, das 1998 erschien und insgesamt rund 150.000 Mal verkauft wurde, und dem fünf Jahre später anlaufenden Film ist einfach zu viel Zeit vergangenen.

Der Roman weiß auch heute noch zu begeistern, aber er lebt auch stark von einem bestimmten Zeitgeist, von der Blütezeit des Britpop, vom Optimismus der Neunziger, von der Hamburger Schule und dem Run auf Berlin. Vieles davon hat sich 2003 längst erledigt. Wohl nicht umsonst schimpft Benjamin von Stuckrad-Barre im Bonusmaterial der DVD (es gibt eine von Fotos untermalte Tonspur mit Statements aus seinen Lesungen, die sich auf den Film beziehen) über die recht großzügigen Abweichungen vom Buch. Zwar gibt es ein paar wörtliche Zitate, auch der Soundtrack kann mit Beiträgen von Readymade, Miles und immerhin einem Lied von Oasis als angemessen gelten. Aber insgesamt ist Soloalbum als Film weit von der Coolness, dem Mut, dem Überraschungseffekt und auch der Leidenschaft entfernt, die im Roman steckt.

Von Ben kommt allenfalls seine Egozentrik rüber, die mit jedem Tag größer wird, den sein gekränktes Ego mit der Tatsache klar kommen muss, dass seine Exfreundin der Meinung ist, irgendwo auf der Welt einen noch großartigeren Mann als ihn finden zu können. Was im Vergleich zum Buch auf der Strecke bleibt, sind der tatsächliche Schmerz, die Verzweiflung und schließlich der Hass auf die Welt, die sich daraus entwickeln. Gerade, weil diese Aspekte fehlen, bleibt kaum noch genug Substanz übrig, um sinnvoll einen Kinofilm zu füllen, was hier unter anderem durch die Gliederung in zehn Kapitel (die jeweils einer goldenen Regel für Verlassene gewidmet sind, ohne sich auch nur halbwegs an diese inhaltliche Klammer zu halten) und reichlich Klamauk wettgemacht werden soll. Wahrscheinlich haben dabei auch die Probleme bei der Finanzierung und die Schwierigkeiten während der Dreharbeiten eine Rolle gespielt, auf die Regisseur und Produzent im Audiokommentar recht offenherzig eingehen.

Immerhin: Soloalbum bietet ein paar gute Gags und einige gute Ideen vor allem bei den Nebenfiguren der Handlung. Der größte Pluspunkt ist die Besetzung: Nora Tschirner (die von Benjamin von Stuckrad-Barre selbst für die Rolle der Katharina vorgeschlagen wurde) und Matthias Schweighöfer hatten beide erst zwei Jahre zuvor ihren ersten Kinofilm gedreht und zeigen hier, dass sie große Komödien-Talente ohne Angst vor Peinlichkeiten sind. Ein paar Jahre später feierten sie in Keinohrhasen ein höchst erfolgreiches (das bedeutet: 15 Mal so viele Kinobesucher wie dieser Film) Wiedersehen auf der Leinwand. Hier schaffen sie es zwar nicht, Soloalbum zu einem Film werden zu lassen, der dem Roman gerecht wird, bewahren ihn aber immerhin vor einem Totalausfall.

Bestes Zitat:

„Wenn eine erfolgreiche Band sich auflöst und die Mitglieder dann alleine weitermachen, dann gibt es leider ein unumstößliches Gesetz: Das Soloalbum ist immer scheiße.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

Alle Beiträge ansehen von Michael Kraft →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.