Vorsicht vor Leuten

Film Vorsicht vor Leuten

Szene aus dem Film Vorsicht vor Leuten
Lorenz (Charly Hübner, links) will sich nicht von Alexander (Michael Maertens) ködern lassen.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2015
Spielzeit 89 Minuten
Regie Arne Feldhusen
Hauptdarsteller Charly Hübner, Lina Beckmann, Michael Maertens, Natalia Belitski
Bewertung

Worum geht’s?

Lorenz Brahmkamp ist Sachbearbeiter im Baureferat der Kleinstadt Osthofen und hat nicht das geringste Problem damit, dass in seinem Leben die Ereignislosigkeit regiert. Bis seine Ehefrau Katrin ihn verlässt: Die Tatsache, dass der Gatte es seit Monaten nicht schafft, die Duschkabine im heimischen Badezimmer zu reparieren, sieht sie als endgültigen Beweis dafür, dass Lorenz in seinem Leben nichts zustande bringt. Als sie auszieht, wird das für Lorenz zu einem Weckruf. Er schwört sich, seine Antriebslosigkeit abzulegen und Katrin zu zeigen, dass er das Zeug zum Macher hat. Die erste Bewährungsprobe ist das Bauvorhaben des schillernden Investors Alexander Schönleben, der in Osthofen einen Mix aus Einkaufs- und Amüsiermeile namens Megapark hochziehen will. Lorenz ahnt, dass dabei etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und will der Sache auf den Grund gehen. Schönleben will auf keinen Fall riskieren, dass ein unbedeutender Verwaltungsbeamter sein ganzes Projekt ins Trudeln bringt – und ködert Lorenz mit einer Beteiligung am Megapark-Gewinn. Bei einem gemeinsamen Trip nach Mallorca will er Lorenz weiter um den Finger wickeln. Katrin darf auch mitkommen – und ist durchaus angetan von der Erkenntnis, dass ihr Mann sich plötzlich in der High Society tummelt.

Das sagt shitesite:

Wenn viele sehr gute Leute zusammenarbeiten, muss noch lange nicht automatisch etwas Gutes dabei herauskommen. Die eine oder andere Supergroup hat das in der Popmusik bewiesen, im Filmgeschäft haben hochkarätig besetzte Projekte wie beispielsweise Valentinstag auch wiederholt die in sie gesteckten Erwartungen verfehlt.

Bei Vorsicht vor Leuten passt hingegen alles zusammen. Die Romanvorlage stammt von Ralf Husmann, der auch am Drehbuch mitgearbeitet und sich zuvor einen Namen als Stromberg-Autor gemacht hat. Die Regie lag in den Händen von Arne Feldhusen, der ebenso aus dem Stromberg-Team stammt und zudem mit dem Tatortreiniger oder Mord mit Aussicht für Lichtblicke im deutschen Fernsehen gesorgt hat. Und die Hauptrolle spielt der großartige Charly Hübner, unter anderem schon mit Goldener Kamera, Grimme-Preis und Bayerischem Fernsehpreis ausgezeichnet.

Was sie zusammen auf die Beine stellen, ist vor allem zu Beginn grandios: rasante Dialoge voller Pointen werden gepaart mit hoch amüsanten Alltagsgedichten aus Lorenz’ Feder und einer guten Prise Slapstick. Wollte man all die Sprüche in den ersten 30 Minuten mitschreiben, die das Zeug zu legendären Zitaten hätten, käme man kaum hinterher. Danach lässt das Tempo von Vorsicht vor Leuten nach, nicht aber die Qualität: Statt den Zuschauer atemlos zu amüsieren, gibt der Film ihm nun Zeit, die moralischen Fragen hinter dem Konflikt zu reflektieren.

Und diese Fragen sind – zumal für eine Komödie – keineswegs trivial. Als der piefige Lorenz, der sich bloß mit Notlügen durchs Leben hangelt, dem Selfmade-Millionär Alexander in die Quere kommt, der in Wirklichkeit keinen einzigen potenten Geldgeber für seinen Megapark an der Hand hat, entsteht ein hoch interessantes Machtverhältnis: Ein Blender im Groß- und ein Blender im Kleinformat treffen aufeinander. Der Immobilien-Guru (für Michael Maertens ebenfalls eine Paraderolle) ist auf den Sesselfurzer angewiesen, damit seine Investmentblase nicht platzt. Der gemütliche Lorenz braucht den glamourösen Alexander, um seine Frau zurückzugewinnen.

Bald sitzen die beiden Hochstapler in Vorsicht vor Leuten im selben Boot – und Lorenz steht ebenso wie der Zuschauer vor der Frage, ob ehrlich wirklich am längsten währt. Dass der Film diese Frage letztlich offen lässt, ist ein weiterer Beweis für eine zentrale Qualität dieser Komödie: Sie macht nicht den Fehler, die Intelligenz des Zuschauers zu unterschätzen.

Bestes Zitat:

„Bier verbessert man nicht, indem man da noch Grapefruit reinpanscht. Und eine Fortbildung wäre für mich wie Grapefruit.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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