All Saints – “Saints And Sinners”

Künstler All Saints

Die All Saints wissen um ihre Klasse – und machen eine Stärke daraus.
Album Saints And Sinners
Label London Records
Erscheinungsjahr 2000
Bewertung

Den Termin nachher muss ich wohl platzen lassen. Ich komm hier nicht weg. Diese vier jungen Damen sind eine so reizende Gesellschaft, ich kann mich einfach nicht von ihnen verabschieden. Sie erzählen mir gerade von unverfälschten Stränden. Schön muss es da gewesen sein, sonnig, entspannt und exotisch. William Orbit war ebenfalls da und hat den Aufenthalt auch noch ein bisschen geheimnisvoll gemacht.

Wie sie das alles erzählen! Wundervoll. Diese vier Stimmen, nie quasseln sie durcheinander, immer klingen sie genau so, wie sie klingen sollen. Zauberhaft! Ich glaube, ich verliebe mich gerade. In alle vier.

Sie wissen natürlich um ihre Klasse und haben das längst mitbekommen. “Don´t send me flowers, they won´t do / don´t give me diamond rings, ´cause I´ll take them and call you a fool”, warnen sie mich. Aber ich bin längst hoffnungslos ausgeliefert, All Hooked Up sagen sie dazu. Heute Nacht werde ich sicher von ihnen träumen, mit einem Akustikgitarren-Intro, einem etwas nervösen Beat und einem Hypnose-Refrain. Dreams I dream will at last come true. Das hoffen auch die vier Ladys. Denn sie träumen von zu Hause, wo wohl der Liebste wartet. Sie haben Heimweh, sie seufzen.

Kurz bevor die Stimmung umzukippen droht, schenken sie noch etwas Kaffee nach. Die jungen Damen trinken ihren Kaffee schwarz, das Kränzchen kommt wieder in Schwung. Die Sache wird wieder gut, richtig gut sogar. I wouldn´t wanna be anywhere else but here / I wouldn´t wanna change anything at all. Aus dem Radio kommt eine Madonna-meets-Edwyn-Collins-meets-Fatboy-Slim-Nummer.

Die Mädels drehen noch lauter. Sie springen auf und fangen an, um ich herum zu tanzen. Das sieht ganz schön sexy aus, und ich kann auch kaum die Füße stillhalten, aber mache mir natürlich einen Spaß daraus, den Sirenen zu widerstehen. “Okay, dann eben eine Nummer schärfer”, sagen die Mädels. Sie flüstern mir Liebesschwüre ins Ohr und mir ist, als würden im Hintergrund ein ganzer Chor dazu singen, Streicher jauchzen und Flöten jubilieren. Die Ladys lassen nicht von mir ab. “Gib endlich auf!”, insistieren sie, Surrender. Bevor das Spielchen langweilig wird, gebe ich nach. Ich stehe auf, die Ladys klatschen und lachen. Ha Ha. Sie legen eine extra schräge Nummer auf. Ein Klavier, ein Science-Fiction-Filmgeräusch und ein toller Beat. Ich tanze also, wohl ein wenig ungeschickt, doch die Mädels – stets charmant – helfen mir und zählen den Takt mit. Ab und zu kichern sie noch, aber schon als nächstes trauen sie mir eine richtige Disco-Nummer zu, sogar ein wenig lateinamerikanisch. Ich merke, wie sie mich um ihren kleinen Finger wickeln, aber ich habe gar keine Lust, mich dagegen zu wehren. I´m Ready, Willing And Able.

Der Termin ist längst geplatzt. Dafür bin ich hier mit den Ladys, singe, tanze und lache. Dann wollen sie noch wissen, ob ich ein Heiliger oder ein Sünder bin. So wie sie das fragen, sollte ich mir die Antwort besser ganz genau überlegen.

Das Video zu Pure Shores, verträumt und geheimnisvoll:

httpv://www.youtube.com/watch?v=C_vEJpgRhZQ

Die All Saints bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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