Hercules & Love Affair – “The Feast Of The Broken Heart”

Künstler Hercules & Love Affair

Weniger Euphorie, mehr House - so klingt das dritte Album von Hercules & Love Affair.
Weniger Euphorie, mehr House – so klingt das dritte Album von Hercules & Love Affair.
Album The Feast Of The Broken Heart
Label Moshi Moshi
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Man könnte fast meinen, dieses Album sei für Andy Butler, den Strippenzieher bei Hercules & Love Affair, eine Qual gewesen. Im Musikexpress stellte er kürzlich in der Rubrik „Plattenschrank“ seine liebsten Alben vor, und die Bandbreite war erstaunlich. Industrial ist dabei, Folk, Country. Für The Feast Of The Broken Heart lässt er all das links liegen und beschränkt stattdessen beinahe auf ein einziges Genre: House. Zumindest vordergründig gibt es auf dieser Platte sonst nichts.

“I wanted nasty basslines, stormy, bleary-eyed sounds, fiery, rough, tough and ragged old school house productions that sounded almost techno. I didn’t want polite, I wanted aggressive”, umschreibt Andy Butler den Ansatz für The Feast Of The Broken Heart, und er lässt diesen Worten auch Taten folgen.

That’s Not Me, mit Unterstützung von Gustaph, könnte ein früher Nineties-Dance-Hit sein. 5.43 To Freedom (feat. Rouge Mary) setzt auf Stimmsamples, ein erregendes Brodeln und eine Dynamik, die gar nicht so weit weg ist von den Gospel-Songs, mit denen Rouge Mary aufgewachsen ist. Think, in dem sie ebenfalls singt, hat einen klasse ausgetüftelten Beat, in The Key wird sie zum Ende des Albums von gebrochenen Rhythmen und Bläsern begleitet. Die Single Do You Feel The Same?, zugleich der zweite Auftritt des Countertenors von Gustaph, ist wunderbar nervös und aufgekratzt.

Bei genauem Hören gibt es natürlich auch diesmal bei Hercules & Love Affair wieder reichlich Abenteuerlust zu entdecken, in der sich die verschiedenen musikalischen Vorlieben von Andy Butler dann durchaus erkennen lassen. I Try To Talk To You, in dem John Grant die Stimme beisteuert, ist geprägt von einer Klavierfigur à la Strawinsky, Grants Gesang ist dazu ebenso eindringlich und beiläufig wie Bono es so gerne versucht zu sein. The Light (gesungen von Krystle Warren, die auf Empfehlung von John Grant verpflichtet wurde) integriert eine Morricone-Gitarre und den Signalton eines Anrufbeantworters. Auch in My Offence hat Warren ihren großen Auftritt, die Musik dazu klingt nach Sommer, frischer Luft und Brasilien. Liberty merkt man Butlers Faible für Industrial an, die Zeile “You don’t have to explain yourself to me”, wiederum von John Grant gesungen, wird dadurch fast noch ein bisschen großzügiger, nachsichtiger, menschlicher.

Insgesamt bietet die Platte etwas weniger Euphorie als man es bisher gelegentlich bei Hercules & Love Affair erleben durfte, dafür aber einen sehr guten Mix aus Tanzbarem und Angenehmem, Club und Workout, Lounge und Schlafzimmer. Wie stolz Andy Butler auf The Feast Of The Broken Heart ist, macht er gleich zu Beginn des Albums deutlich, im Hercules Theme 2014: Der Text besteht nur dem Bandnamen, abwechselnd leidenschaftlich gesungen und von einer Computerstimme buchstabiert. Es wird ein Versprechen, ein Vorspiel, eine Einmarschmusik für ein Album, das diesmal zwar ganz deutlich im House beheimatet ist, aber zugleich den Fakt bestätigt, der auch beim Rundgang durch seinen Plattenschrank deutlich wurde: Dieses Genre ist, bei aller Offenheit für andere musikalische Spielarten, der Sound, der Andy Butler mit Abstand am meisten am Herzen liegt.

Ballett mag Andy Butler offensichtlich auch, lässt das Video zu I Talk To You vermuten.

httpv://www.youtube.com/watch?v=Jd-_gg7BlFg

Homepage von Hercules & Love Affair.

 

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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