Futter für die Ohren mit The Subways, Dinosaur Jr., Noel Gallagher, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen und Orla Gartland

The Subways Fight
The Subways sind in ihrer Pause politisch geworden. Foto: Fleet Union / Sarah Louise Bennett

Von 2016 bis 2019 haben The Subways pausiert, jetzt nimmt das britische Duo wieder Fahrt auf. Ihr fünftes Studioalbum haben Charlotte Cooper und Billy Lunn bereits im Kasten, es wird bei Alcopop! Records erscheinen. Erste Kostprobe ist die Single Fight (***1/2), die auch einen Hinweis darauf gibt, was insbesondere Billy Lunn in der Zeit ohne musikalische Aktivitäten gemacht hat: Er hat sich an vielen Stellen politisch engagiert, passenderweise liegt der Vinyl-Ausgabe von Fight nun ein Flyer bei mit Tipps, wie sich auch Fans gezielt informieren und einbringen können. “Fight ist ein Brief mit zweiten Teilen: Erstens ist der Song eine Solidaritätsbekundung mit den schwarzen und PoC Communities, die täglich Unterdrückung durch systematischen Rassismus erfahren. Zweitens soll er ein Weckruf für die weiße Gesellschaft sein, die endlich verstehen muss, dass wir diese Unterdrückung zulassen, und dass sich nur etwas ändern kann, wenn wir uns endlich hinter die marginalisierten Bevölkerungsgruppen stellen”, sagt Billy Lunn, der das Lied unmittelbar nach dem Besuch einer Demo von Black Lives Matter geschrieben hat. Die Entschlossenheit hört man dem Song ebenso an wie den Horizont – es gibt hier zwar Parolen, aber kein stumpfes Gut-Böse, vor allem schließen sich die Subways in die Kritik ein. „Obwohl es das Black Lives Matter Movement bereits seit 2013 gibt, brauchte es einen Katalysator wie den grausamen Mord an George Floyd vor laufenden Kameras. Hier hilft keine Poesie mehr, und keine Anspielungen. Die Umstände sind untragbar“, hat Lunn erkannt. „Ich konnte erst viel zu spät meine eigene Ignoranz begreifen und endlich tätig werden. Wir als Band müssen unsere privilegierte Situation nutzen, um Teil der Veränderung zu sein!”

Vor rund zwei Wochen haben Dinosaur Jr. ihr zwölftes Album veröffentlicht und die Platte kürzlich auch mit einem Livestream aus dem Sinclair in Boston vorgestellt. Für das Video zur Single Take It Back (***1/2) haben sie gemeinsam mit Regisseur Callum Scott-Dyson das Cover von Sweep It Into Space zum Leben erweckt. „Ich habe mich von der Kreatur inspirieren lassen, die auf der Plattenhülle zu sehen ist, und lasse sie ihre eigenen Abenteuer erleben“, sagt der Filmemacher. „Es geht um einige einfache Dinge wie Schöpfung, Abhängigkeit, Erwachsenwerden und die Suche nach einem anderen, der so ist wie man selbst. Ich wollte diese Themen mit meinem Stil der Stop-Motion-Animation mischen, alles sehr DIY und handgemacht, mit allen Materialien, die ich in die Finger bekam. So ist ein surreales und jenseitiges Gefühl entstanden. Ich war schon immer ein wirklich großer Fan von Dinosaur Jr., also habe ich besonders hart daran gearbeitet, um einem so großartigen Track gerecht werden zu können.“ Das Lied zeigt mit einem Mellotron, dem ebenso unruhigen wir krafttvollen Schlagzeug von Murph, einer feinen Dramaturgie und der ewig jungen Stimme von J Mascis in der Tat, wie inspiriert die Band weiterhin unterwegs ist, die das neue Album gemeinsam mit Kurt Vile produziert hat und im Herbst eine Nordamerika-Tour starten will. „Die beste Gitarren-Rockband der Welt macht ihr Ding. Was denn auch sonst?“, hat der Musikexpress zu Sweep It Into Space geschrieben. Und wer mag da widersprechen?

Richtig viel Lust auf einen richtig guten Clip hatte auch Orla Gartland im Falle ihrer dritten Single Zombie! (****1/2) „Dieses Video habe ich mit meiner besten Freundin Greta Isaac gedreht. Es ist die verrückteste Videoidee, die wir jemals hatten, und ich kann nicht glauben dass wir das wirklich gedreht haben“, sagt die 25-Jährige aus Dublin, die sich so viel Mühe natürlich unter anderem macht, weil sie nach den bisherigen Singles More Like You und Pretending bereits mehr als 260.000 YouTube-Abos und 120.000 Follower bei Instagram vorweisen kann. Wie das Video schnell klar macht, sind die Untoten eine Metapher für Männer, die ihre Emotionen unterdrücken. Orla Gartland sammelt als “Zombie Rescue Ranger” deren Tränen, um ihnen letztlich nachweisen zu können, dass sie sehr wohl Gefühle haben – genauso wie andere Männer auch. Das ist so ungewöhnlich, freigeistig und zugleich positiv umgesetzt, dass man beispielsweise an eine irische Entsprechung von Stella Donnelly denken kann. „Der Song handelt vom Frust, wenn man mit einer Person zusammen ist, die es einfach nicht hinbekommt, Gefühle zu zeigen. An irgendeinem Punkt bricht dann alle aufgestaute Emotion aus der Person heraus, und das Ergebnis ist Chaos”, hat sie erfahren. Noch in diesem Jahr soll ihr Debütalbum folgen.

Liebevoll, gewitzt und stilsicher kennen wir natürlich auch Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, die für 9. Juli ihr neues Album Gschichterln aus dem Park Café ankündigt. Der Titel verweist auf das Park Café in Altona, den neuen Lieblings-Treffpunkt der fünf Hamburger, die als Ziel für die zehn neuen Songs „so eine richtig schöne, optimistische Balla-Balla-Platte“ vorgegeben haben. Wie gut das geklappt hat, beweist beispielsweise Es ist nett, nett zu sein (****). Im Video wird zum Sektempfang geladen, ein schicker Chor unterstreicht die Botschaft und eine Stunt-Einlage gibt es auch noch. Am besten einfach alle Mitmachen beim Nettsein!

Das Beste aus den Solojahren von Noel Gallagher wird es ab 11. Juni auf Back The Way We Came: Vol 1 (2011-2021) geben. Mit dabei ist auch die neue Single We’re On Our Way Now (****1/2) mit einem kleinen Selbstzitat (die Sonne, die keinen Schatten wirft), großer Gelassenheit und einem herrlichen Jangle. Die Hauptrollen im Video spielen Matt Smith (Doctor Who, The Crown) und Gala Gordon (Kids In Love), unverkennbar ist der Clip dabei vom französische Kino inspiriert. Regisseur Dan Cadan verweist auf Vorbilder wie Jean-Luc Godards À bout de souffle und Bande à part. „Die französische Nouvelle Vague ist bekannt dafür, Konventionen und Traditionen abzulehnen, und hat eine zeitlose Ästhetik, die kühne Experimente und einen ikonoklastischen Geist bevorzugt. Noel Gallagher verkörpert all das und passt daher perfekt“, sagt Cadan. Das Best-Of-Album wird unter anderem in einer limitierten Deluxe-Edition mit einer Bonus-Disc erhältlich sein, die bisher unveröffentlichte Akustik-Versionen, Remixe, Instrumentals und ein Demo enthält. Das „Vol 1“ im Titel der Sammlung nach dem ersten Jahrzehnt von Noel Gallagher’s High Flying Birds darf man gerne als Versprechen nehmen, dass auch in Zukunft noch sehr, sehr viel gute Musik in diesem Mann steckt.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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