Hingehört: Show Me The Body – “Body War”

Künstler Show Me The Body

Show Me The Body Body War Kritik Rezension
Nach zwei EPs legen Show Me The Body ihr erstes Album vor.
Album Body War
Label Caroline
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Das Prinzip auf dem Debütalbum von Show Me The Body scheint zu sein: Alle Musik wird, egal woher sie kommt, in einzelne Töne zerlegt und dann neu zusammengesetzt. Man kann darin eine Parallele zur Identität ihrer Heimatstadt New York sehen, und viele Kritiker haben das getan. In der Tat ist unverkennbar, wie klar Body War in der Tradition anderer NYC-Helden wie Sick Of It All, Life Of Agony oder auch den Beastie Boys stehen.

Viel spannender aber ist, dass die Musik von Julian Pratt (Gesang, elektrisch verstärktes Banjo), Harlan Steed (Bass) und Noah Cohen-Corbett (Schlagzeug) zwar viele Genres vom Blues über HipHop bis zu Hardcore-Punk vereint und unverkennbar ausgeklügelt ist, aber trotzdem wie eine Urgewalt wirkt. Show Me The Body, die zuvor zwei EPs vorgelegt haben und sich als Teil des Letter-Racer-Kollektivs auf vielfältige Weise sozial und kulturell in ihrer Heimatstadt engagieren, sind auf ihrem ersten Longplayer fies, wüst und furchteinflößend.

Der Titelsong am Beginn von Body War klingt, als habe ein Virus die Red Hot Chili Peppers heimgesucht und ihnen Hirn, Wut und ein Gewissen verpasst. Der Song ist auf eine beinahe hässliche Weise funky. Auch das kraftvoll-gestörte Worth One hat einen ähnlichen Effekt: Wenn Bonaparte irgendwann jede Lust auf Entertainment verloren haben, aber gerne noch ein bisschen kaputter sein wollen, werden sie vielleicht so klingen.

Metallic Taste wird irgendwie Blues, irgendwie Rap und irgendwie aus einer ganz eigenen Welt. Two Blood Pacts ist bei aller Komplexität wild und ursprünglich. New Language ist äußerst heavy, sogar bösartig, und strahlt einen Tatendrang aus, wie man das einst bei Refused erleben durfte. Tight Swat ist Punk mit genau der richtigen Dosis an Dreck, Gift und Lo-Fi-Sound. “If it sounds right I should wanna both fight to it and fuck to it”, umschreibt Julian Pratt die Zielsetzung für Show Me The Body, und es sind Lieder wie dieses, die deutlich machen, wie das gemeint ist.

Atonale Riffs prägen Body War, genauso wie immer wieder unterbrochene Parts und geradezu geschredderte Rhythmen. Erst im dritten Song des Albums, Death Sounds 2, merkt man zum ersten Mal, dass der Gesang von Julian Pratt schon die ganze Zeit über eher ein Rap ist, Cypress Hill sind da eine nicht unpassende Bezugsgröße. Chrome Exposed lässt an die Beastie Boys oder, eine höchst erstaunliche Referenz im Jahr 2016, an Dog Eat Dog denken. Zu einem Song wie Aspirin hätte man vor gut 20 Jahren wohl „Crossover“ gesagt, aber bevor man diesen Begriff in den Mund nehmen will, muss man eingestehen: Crossover war nie so klug wie es die Musik von Show Me The Body ist.

Auf unbestimme Weise gefährlich sieht das Video zu New Language aus.

Website von Show Me The Body.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und mittlerweile in der Wissenschaftskommunikation tätig. Auf Shitesite.de beschäftigt er sich als Hobby mit Musik, Literatur, Film, Popkultur und allem, was er der Welt mitteilen möchte. Er lebt (und zwar liebend gern) in Leipzig.

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